Teuerung

Der Bierpreis ist heiß

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13.02.2023

Die aktuellen Bierpreiserhöhungen stoßen bei vielen Gastronomen auf Unverständnis – aber auch bei Gästen. Wie geht man als Unternehmer damit um? Und wie setzt man seine Preise durch?
Bier

Im Fürstbistum Passau kannte man die Biersteuer bereits seit Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Einführung eines zusätzlichen Entgelts –des Bierpfennigs – stieß den Passauern Ende des 17. Jahrhunderts aber dermaßen sauer auf, dass dies zu einem kleinen Volksaufstand führte. 

Davon ist man heute weit entfernt. Mit Heugabeln steht wegen explodierender Abgaben oder Preise heute niemand vor dem Finanzamt, geschweige denn vor heimischen Brauereien. Aber es herrscht Unmut unter Österreichs Gastronomen, der nicht zu überhören ist. Grund dafür sind die Gastro-Bierpreise. 

Ungleichbehandlung

Nicht nur die Brauunion hat die Bierpreise für Wirte erhöht, auch andere haben kräftig an der Preisschraube gedreht oder sind gerade dabei, dies zu tun – möglicherweise im Fahrwasser der Erhöhung der Brauerei-Riesen. Wirte beklagen unterdessen aber vor allem eine Ungleichbehandlung. Denn die Preise im LEH liegen deutlich unter jenen für Gastro-Kunden. Ihrer Meinung nach klafft die Preisschere zu weit auseinander.

Dabei wurde die letzte Preiserhöhung einiger Brauereien (Herbst 2022) noch kommentarlos zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Das Verständnis fußte damals auf der steigenden Inflationsrate, den Berichten rund um eine mögliche Energieknappheit im bevorstehenden Winter. „Ich verstehe nicht, warum jetzt schon wieder erhöht wird“, beklagt sich ein Gastwirt telefonisch bei der ÖGZ. „Ich mache mir Sorgen um mein Geschäft. Meine Stammgäste nehmen eine neuerliche Preiserhöhung sicher nicht einfach so hin“, so der Gastwirt. 

Dem Argument der gestiegenen Energiepreise kann er nichts abgewinnen – heute kostet Energie weniger als im Herbst des Vorjahres. Eine aktuelle Umfrage des Gastro­nomie-Clubs (durchgeführt von stratisfaction / Dr. Peschta) unter Unternehmern zeigt das Ausmaß: Demnach planen 30 % der Betriebe zwar keine unmittelbare Preiserhöhung, 60 % der Betriebe aber haben mit 1. Februar ihre Preise erhöht (oder werden dies in naher Zukunft tun). Jene Betriebe, die erhöhen, tun dies zum Teil auch kräftig: Jeder dritte Betrieb hebt den Preis fürs Krügel bzw. die Halbe um 0,20 Euro an, 30 % erhöhen um 0,40 Euro. Lediglich 15 % denken an eine Erhöhung um 0,60 Euro. Hier sind auch Betriebe darunter, die im Herbst noch nicht erhöht haben bzw. Betriebe mit weniger preissensiblen Gästen. Das Krügel um 5 Euro ist mittlerweile selbst in der traditionellen Gastronomie angekommen.

Infografik Bier
Die Partnerschaft mit einer Brauerei ist nicht in Stein gemeißelt. Fast jeder zweite befragte Betrieb zeigt eine hohe Wechselbereitschaft. Quelle: Dr. Thomas Peschta, stratisfaction.at für den Gastronomie Club Wien, Jänner 2023 

Reaktion der Gäste

Doch wie reagieren nun Gäste auf die Preiserhöhungen? 35 % der Gastwirte gehen davon aus, dass gemurrt, der Konsum aber nicht eingeschränkt wird. Ebenso viele gehen davon aus, dass zukünftig weniger Bier in der Gastronomie konsumiert werden wird. Dass das Gezapfte für Genießer das Einser-Getränk ist, belegt folgende Zahl: Nur 3 % denken, von Bier auf andere Getränke, etwa Wein, umzusteigen. Bier ist für viele einfach alternativlos. Immerhin 13 % denken, dass eine Preiserhöhung Gästen egal ist. 

„In unseren beiden Betrieben haben wir letztes Jahr die Preiserhöhungen weitergeben müssen, einfach um unsere eigenen Kosten decken zu können. Sehr ärgerlich ist die Situation deshalb, weil die Brauereien ihr Bier im Handel teilweise zu Schleuderpreisen anbieten und wir sehr stark unter Zugzwang kommen, da der Unterschied von Fassbier zu Flaschenbier immer zu großen Diskussionen mit den Gästen führt“, sagt etwa Ernst Pühringer, Gastgeber im Hotel u. Gasthof Hölle in Salzburg. Er will die aktuelle Preiserhöhung vorerst nicht weitergeben – als kleine Geste an seine Stammgäste. Aber: „Man merkt, dass die Frequenz bei den Bier-Stammtischen am Sinken ist!“ Auch Harald Pollak, Obmann der NÖ Wirtshauskultur, schluckt die Erhöhung: Er will den Krügerlpreis nur moderat anheben. Dieser liegt derzeit bei 4,60 Euro. „Wenn ich weiter erhöhe, dann schreckt das die Stammgäste ab.“
Und Markus Stadler, Gastgeber im Landgasthaus Stadler in Reinsberg im Mostviertel, sieht noch eine andere Herausforderung: „Für uns als Gasthaus auf dem Land ist das katastrophal. Der gestiegene Bierpreis trifft vor allem die Landgastronomie. In der Stadt können die Lokale verlangen, was sie wollen.“ 

Ewald Pöschko, Geschäftsführer der Braucommune Freistadt, kritisiert ebenfalls die Preispolitik der großen Brauereien. In einem Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ sagte er, dass die Großbrauereien ihre Marktmacht durch billiges Bier im Handel zementieren, während die Rechnung von den Wirten bezahlt wird. Die Braucommune selbst hat zu Jahresbeginn die Preise um neun Prozent erhöht – ein Jahr nach der letzten Preisanpassung. 

Bier Grafik zu Teuerung
Die deutschen Brauereien sind mit massiven Kostensteigerungen konfrontiert. Die Zahlen lassen sich natürlich nicht eins zu eins auf Österreich übertragen. Es zeigt aber, in welche Richtung es kostenmäßig gegangen ist bzw. derzeit geht. Die Kosten sollen Schätzungen zufolge heuer hoch bleiben bzw. weiter steigen. Quelle: Mitgliederbefragung des Deutschen Brauer-Bundes (DBB) 

Bier aus der Flasche?

Der großen Mehrheit der Gastwirte (über 80 %) stößt die große Differenz bei den Einkaufspreisen zwischen LEH und Gastronomie sauer auf. Dabei taucht ein Schreckensszenario auf, das man in diesem Ausmaß bis vor wenigen Monaten nicht für möglich gehalten hätte: Werden sich die Betriebe im Rahmen von Aktionen im LEH mit Flaschenbier eindecken? Auch hier zeichnet die Umfrage ein beklemmendes Bild: Zwar kaufen 60 % der Betriebe noch kaum Flaschenbier im LEH ein. Immerhin jedes fünfte Unternehmen deckt ein Viertel des Flaschenbier-Bedarfs im LEH ab. 

Noch besteht aber kein allzu großer Grund zur Sorge: Nur 13 % denken, dass zukünftig mehr Flaschenbier konsumiert wird – in der Gastronomie. Es zeigt sich aber noch eine Herausforderung, vor allem für die Brauereien: Mehr als 45 % der Betriebe signalisieren angesichts der aktuellen Situation eine „hohe Wechselbereitschaft“. 

Welche Möglichkeiten haben nun Wirte? Wie geht man damit um? Michael Kolarik von Del Fabro Kolarik rät dazu zu prüfen, was die Brauerei für den Gastwirt leistet. „Vielleicht kann man die Erhöhung auf einem anderen Weg zurückholen – beispielsweise durch PR-Maßnahmen für den Betrieb, Fotos für den eigenen Social-Media-Auftritt etc.“ Man könnte also eine andere Leistung verhandeln, frei nach dem Motto: „Ihr profitiert von mir, also helft mir jetzt!“

Mentale Bindung

Der Wechsel der Brauerei ist keine kurzfristige und auch keine leichtfertige Entscheidung, vor allem wenn man seit vielen Jahren eine gute Partnerschaft gepflegt hat. Im Gespräch mit Wirten hört man oft, dass es starke mentale Bindungen zu bestimmten Marken gibt. Darauf nimmt auch die Ottakringer-Brauerei Rücksicht, die ebenfalls in Kürze die Preise erhöhen wird: „Als wichtiger Gastro-Partner liegt es uns am Herzen, unseren Abnehmern größtmögliche Kostenplanbarkeit zu bieten.“ Daher könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genauen Zahlen nennen. Die Erhöhung kommt aber. Das ist fix.

Tipps vom Preisstrategen Roman Kmenta

• Nutzen Sie psychologische Preisgrenzen – von 4,60 auf 4,90 ist gefühlt derselbe Preis (weil keine 5 davor steht), immerhin ist das eine 6,5 %ige Erhöhung
• Ein anderes Produkt teurer machen, Alternativen anbieten – vielleicht setzen Sie ein Bier auf die Karte, das günstiger ist, und eines, das teurer ist – das sorgt für mehr preisliche Vielfalt und es zeigen sich Preiserhöhungen nicht so stark.
• Die Reihenfolge bei der Getränkekarte umdrehen – oben das teuerste, unten das billigste. Das hilft zwar nicht bei der Preiserhöhung, hilft aber dabei, den Durchschnittsumsatz zu steigern.
• Mit der Preiserhöhung das Angebot aufpeppen – Bier + Zugabe (die möglichst wenig kostet)
• Andere Abfüllmengen, um die Preiserhöhung zu verstecken 
– z. B. 0,4 statt 0,5 l. 
• In ganz kleinen Abfüllmengen (z. B. 0,2 l) sind höhere Spannen/Preise leichter unterzubringen – und dann diese kleinen Biere forciert anbieten.

Roman Kmenta ist seit mehr als 20 Jahren als Unternehmer, Keynote-Speaker, Berater und Autor sowie international in Verkauf, Marketing und Führung tätig. www.romankmenta.com