Porträt

Kompromisslos vegan in Ottakring

ÖGZ-Porträt
08.05.2023

Von: Clarissa Donati
Das „Schlicht Vegan“ hat einen typischen Wirtshaus-Charme. Doch hier gibt es kein Kalbswiener, sondern Sellerie­schnitzel, das Gulasch wird mit Berglinsen zubereitet. Und die Chefin baut ihr Gemüse selbst an
Sarah Hein

Gründerin Sarah Hein ist 29 Jahre alt und hat sich mit der Eröffnung von „Schlicht Vegan“ einen Traum erfüllt. „Ich wollte unbedingt, bevor ich 30 bin, selbstständig sein.“ Sie arbeitet schon seit ihrer Jugend in der Gastronomie, vor allem bei Heurigen. Sie ist quasi in Wirtshäusern groß geworden. Ihren Eltern zuliebe studierte sie aber drei Semester am Juridicum. 

Doch auch hier jobbte sie nebenbei in der Gastro, zuerst als Kellnerin, später dann in der Küche. „In der Gastro zu arbeiten war nie wirklich Arbeit für mich, das hat sich immer wie Freizeit angefühlt,“ meint die junge Frau mit braunen Haaren.

Der Weg bis zu Eröffnung

Während der Corona-Zeit musste sie sich jedoch einen anderen Job suchen. Sie merkte, dass ihr etwas fehlte: der Kontakt zu Menschen. Der Wunsch nach einem eigenen Lokal wurde größer. In diesen Jahren setzte sie sich auch immer mehr mit dem veganen Lebensstil auseinander und war viel in der veganen Szene in Wien unterwegs. Hier ist das vegetarische und vegane Angebot in den letzten Jahren stark gestiegen. Von veganen Burger- Lokalen über asiatische Angebote bis zu Bowls, die man an fast jeder Ecke bekommt. Doch eines gab es nicht: ein Restaurant, das österreichische Wirtshauskost vegan anbietet. Sarah reizte das Konzept und langsam nahm die Idee mehr und mehr Form an. Sie erstellte ein Logo, probierte sich an Speisen aus und suchte nach dem geeigneten Standort. 

Schlicht Vegan Gaststube
Kochen ist die Kunst der sinnlichen Unterhaltung. Im „Schlicht Vegan“ wird sie mit viel Leidenschaft von Neo-Gastronomin Sarah Hein zelebriert. 

„Als ich das erste Mal in das Lokal hineingegangen bin, wusste ich, das ist es.“ Der ehemalige Betreiber ist in Pension gegangen und gab ihr drei Monate Übergangszeit, bis sie eröffnen sollte. Ihr Partner und sie renovierten es über einen Monat lang allein. Das Wirtshaus im 16. Bezirk gibt es seit 1913 und Sarah ist die fünfte Besitzerin. Die Einrichtung ist 32 Jahre alt und wurde von ihr genau so übernommen. Nur die Sanitäranlagen mussten erneuert werden. Am 6. Oktober 2022 war es dann so weit, „Schlicht Vegan“ wurde eröffnet. 

Die zwei Kernwerte

Auf die Frage, was ihr beim Kochen am wichtigsten ist, antwortet sie: „Wir servieren und kochen mit dem, was die Natur uns bietet.“ Seit heuer bestellen die Jung-Gastronomen ihr eigenes Feld im 13. Bezirk. Hier bauen sie nur mit Bio-Saatgut und Bio-Jungpflanzen an. Dieses Jahr soll auch fermentiert und eingelegt werden. Wenn es gut läuft, wollen die beiden ihre Zutaten großteils von dort beziehen. Bis das möglich ist, arbeiten sie zusammen mit Lieferanten, die sorgfältig ausgewählt werden. Das Gemüse kommt ganzjährig von einem Familienbetrieb in Korneuburg, Obst und Hülsenfrüchte von anderen kleinen Betrieben aus Österreich, zum Beispiel vom Hada Hof. Auf Regionalität, Nachhaltigkeit, Zero Waste und Tierwohl wird besonders Wert gelegt. 

Aus diesen Gründen ist das Speisenangebot saisonal. Die Karte wechselt alle sechs bis acht Wochen. Bis jetzt wurde viel mit Bärlauch gearbeitet, als Nächstes wird der Fokus auf Spargel liegen. Drei Signature-Dishes stehen jedoch immer auf der Karte: Sellerieschnitzel, Grenadiermarsch und Powidltascherl. „Die sind der Renner. Dafür kommen Leute auch wieder“, erzählt Sarah stolz. Eine Besonderheit ist, dass alles ohne vegane Ersatzprodukte zubereitet wird. 

Schlicht Vegan Extrazimmer
40 Sitzplätze innen, 24 im Gastgarten gibt es im "Schlicht Vegan" in der Veronikagasse. Drei Signature-Dishes stehen auf der Karte:  Sellerieschnitzel, Grenadiermarsch und Powidltascherl.

Vier-Tage- statt Sieben-Tage-Woche

Auf ihrer Karte wird neben veganen Speisen auch eine Auswahl von österreichischen, veganen Weinen angeboten. Hier arbeitet Sarah mit dem Weingut Hareter, Michael Bauer und dem Weingut Weiss zusammen. Schnäpse sowie Liköre werden selbst hergestellt. Auch die alkoholfreien Möglichkeiten, wie ein Zitronenmelissen-Soda, sind hausgemacht. 

Für Sarah war es von Anfang an klar, dass es in ihrem Betrieb eine Vier-Tage-Woche geben soll. Das Team ist sehr klein, doch damit ist man zufrieden und an eine Personalaufstockung wird zurzeit nicht gedacht. Sarah und ein Koch sind Vollzeit angestellt. Zwei Kellnerinnen helfen geringfügig am Wochenende aus. Die Neo-Gastronomin kümmert sich neben dem Kochen und Kellnern auch um das Putzen und um das Geschäftliche. „Ich habe keine Vier-Tage-Woche, sondern eine Sieben-Tage-Woche. Aber mir macht das nichts aus, ich habe Spaß daran“, sagt Sarah schmunzelnd.

Der Brunch, der jeden Sonntag stattfindet, war von Anfang an ausreserviert. Hier gibt es ein All-you-can-eat-Buffet, für das ein Fixpreis verrechnet wird. Timeslots gibt es keine, die Gäste können immer lange sitzen bleiben. Somit entsteht weder Stress für sie noch für die Mitarbeitenden. 

Von den 40 Sitzplätzen sind unter der Woche meist 15 bis 35 besetzt, am Wochenende tendenziell mehr. Seit 1. Mai hat auch der Schanigarten geöffnet, dadurch kommen weitere 24 Sitzplätze dazu. Diese werden von Gästen besetzt, die aus den verschiedensten Gründen kommen. Nur etwa 20 Prozent der Gäste sind vegan und kommen aus den unterschiedlichsten Altersgruppen. „Ich habe also keine Zielgruppe. Von Promis bis zu Omis sind alle schon mal hier gewesen,“ sagt Sarah und lacht.

Mein Wirtshaus

  • Name: Schlicht Vegan
  • Inhaberin: Sarah Hein
  • seit: Oktober 2022
  • Mitarbeiter: 4
  • Küchenschwerpunkt: vegane österreichische Küche
  • USP: Wirtshauskost vegan
  • Sitzplätze: 40 innen, 24 im Gastgarten
  • Adresse: Veronikagasse 17, 1160 Wien
  • Öffnungszeiten: Do–Fr  17 bis 22.30 Uhr, Sa  11.30 bis 22.30 Uhr, So  11.30 bis 15 Uhr

www.schlichtvegan.at