Lokaltipp: Roots geht modern-traditionelle Wege

Wien
24.10.2017

Von: Wolfgang Schedelberger
In einem neuen Wiener Weinbistro bietet man nicht nur feine Küche und lässiges Ambiente, sondern auch ausgefallene Weine aus Osteuropa. Das Betreiber-Trio besinnt sich dabei auf altösterreichische Wurzeln 
Miki Apostolo, Marcus Adam und Adam Bencze gehen neue und und gleichzeitig traditionelle Wege.
Miki Apostolo, Marcus Adam und Adam Bencze gehen neue und und gleichzeitig traditionelle Wege.

Wiener Kaffeehäuser kokettieren gerne mit den Klischees aus der Zeit der  k. u. k. Monarchie. Doch in der modernen Gastronomie spielen die ehemaligen Kronländer der Habsburger-Monarchie keine Rolle – sieht man einmal von den tüchtigen Arbeitskräften aus Tschechien, Ungarn und der Slowakei ab. Seit Jahresanfang gibt es in Wien jedoch ein kleines, feines Lokal, in dem man Bio-Gemüse aus der Slowakei und köstliche Weine aus Tschechien und Ungarn bekommt. Dabei ist das Roots keine kitschige Nostalgie-Kneipe, sondern ein modernes Wein-Bistro mit Haubenküche. In der Küche steht mit Miki Apostolo – ein Italiener. Der Sommelier Adam Bencze stammt aus der Slowakei und wenn Marcus Adam – der Dritte im Bunde – spricht, erkennt man beim genaueren Hinhören seine bundesdeutsche Herkunft.

Die Schätze Mitteleuropas 

Kennengelernt haben sich die drei Roots-Protagonisten an ihrer vorherigen Arbeitsstelle in Konstantin Fillippous Drei-Hauben-Lokal. Alle drei träumten davon, sich selbstständig zu machen, doch so einfach ist das bekanntlich nicht. „Wir hatten ähnliche Vorstellungen, wie eine zeitgemäße Gastronomie aussehen soll und wir haben uns gut verstanden – nicht nur bei der Arbeit, sondern auch privat“, erklärte Marcus Walter, wie es zum Entschluss kam, gemeinsam ein Lokal aufzusperren.

Doch wie schaut die zeitgemäße Interpretation einer gehobenen Gastronomie in Wien aus, wenn sich drei junge Männer aus dem Ausland zusammentun? Eine entspannte, aber doch anspruchsvolle Küche muss es schon sein – das war nicht nur für den Koch Miki Apostolo klar. Ein lässiges, niederschwelliges Lokal, in dem sich auch junge Leute wohlfühlen, sollte es laut Marcus Walter werden. Adam Bencze, der zuvor in den besten Restaurants von Prag als Sommelier gearbeitet hatte, wollte den Wienern die weitgehend unbekannten Spitzenweine aus Mähren näherbringen. Außerdem betreiben seine Eltern an der slowakisch-ungarischen Grenze eine kleine Landwirtschaft, wo herrliches Gemüse in Top-Qualität gedeiht. Da lässt sich doch was machen, oder?

Klein, aber fein

Mit etwas Glück fanden sie ein ehemaliges Mini-Beisl in der Schönbrunner Straße gleich neben dem Motto. Die Adresse ist relativ zentral und trotzdem leistbar. Praktisch auch, dass alle drei Roots-Partner gleich um die Ecke wohnen. Dass man dort einfach alles neu machen musste, war ein Glücksfall, denn so konnte man der Versuchung widerstehen, ein funktionstüchtiges Lokal einfach mit einem neuen Anstrich weiterzuführen. Der Raum wird von einer grün verfliesten Theke bestimmt, das Lokal wirkt hell und clean und erscheint dank eines durchdachten Beleuchtungskonzepts dennoch gemütlich und warm.

Den Sommer über hatte das Roots fünf Tage die Woche auch mittags geöffnet gehabt, seit ein paar Wochen sperrt man an jedem Tag außer Sonntag nur am Abend auf. Damit ist es auch mit den günstigen Mittagsmenüs vorbei. Die Gäste werden freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass das Roots ein Restaurant mit Wahlmenüs ist und man nicht nur auf ein schnelles Gericht und ein Glas Wein vorbeischauen kann. „Wir sind kein billiges, aber ein doch sehr preiswertes Lokal. Mit gerade einmal 20 Plätzen müssen wir darauf schauen, dass wir mit jedem Gast einen bestimmten Mindestumsatz erzielen, denn sonst geht sich das unterm Strich nicht aus. Auch wenn es bei uns sehr locker zugeht, sind wir ein Restaurant und keine Weinbar“, so Walter.

Haubenküche in Weinbistros

Die Speisekarte ist in vier Gänge mit jeweils zwei Speisen gegliedert, dazu gibt es noch zwei Spezialgerichte sowie zwei Desserts. Ab 33 Euro für zwei Gänge geht es los, fünfgängig kostet das Menü 64 Euro. Die passende Weinbegleitung kostet zwischen zwölf und 30 Euro und zählt zum Spannendsten, was man in Wien derzeit geboten bekommt. Die Chardonnays und Pinot Noirs vom Weingut Jaroslav Springer aus Mähren sind eine Klasse für sich, aber auch Ungarn, die Slowakei und Rumänien sind mit außergewöhnlichen Weinen vertreten. Im Gegensatz zu ähnlich konzipierten Wein-Bistros wie das O Boufés von Konstantin Filippou oder die ebenfalls heuer neu eröffneten Lokale Mast und Heunisch & Erben setzt Adam Pencze also nicht primär auf das Orange-Wine-Thema. Genauso wie die erwähnten Lokale wurde das Roots im soeben erschienen Gault-Millau-Guide ausgezeichnet. Haubenküche ist eben keine Frage von Tischtuch oder steifem Service, sondern hängt einzig und allein von der Güte der Grundprodukte und dem Können des Kochs ab. Wenn es dazu dann auch noch außergewöhnliche Weine und ein freundliches Service gibt, ist die Übung gelungen.