Farm To Table

Erinnerungen an Omas Gemüsegarten

Gastronomie
03.05.2022

Nein, das „Belly of the Beast“ ist nicht nur ein Fusion-Restaurant. Hier wird das umgesetzt, worüber viele nur wichtigtuerisch reden. Es ist eine Verneigung vor der eigenen Geschichte und der Unkompliziertheit
Marvin, Melanie, Marcel und Lisa sind die Macher des „Belly of the Beast“. Ein Familienbetrieb, der strikt das Farm-To-Table-Konzept umsetzt und damit noch viel vorhat.
Marvin, Melanie, Marcel und Lisa sind die Macher des „Belly of the Beast“. Ein Familienbetrieb, der strikt das Farm-To-Table-Konzept umsetzt und damit noch viel vorhat.

Sie haben beide diesen unverwechselbaren Glow, eine innere Ruhe und strahlen so viel Zufriedenheit aus. Marvin und Marcel Mudenda haben etwas an sich, was sich jeder gestresste Mensch von ganzem Herzen wünscht. 

Dabei sind das – vor allem in diesen herausfordernden Zeiten – keine Attribute, die man einer großen Mehrheit von Gastronomen unbedingt zuschreiben würde. Marvin, der Koch, Marcel, der Sommelier, Melanie, die Restaurantleiterin, und Lisa, die fürs Operative zuständig ist, bilden gemeinsam mit ihrem Sous-Chef Markus Seifert das Team des „Belly of the Beast“ im neunten Bezirk. Mehr Mitarbeiter braucht es hier eigentlich nicht. Ein Familienbetrieb, der mit frischen Produkten und unkomplizierter Zubereitung die Welt ein klein wenig besser und Gäste rundum glücklich machen will. 

Der Aufwand der direkten Beschaffung

Das Besondere am „Belly of the Beast“ aber ist, dass hier saisonale Speisen nach dem Farm-to-Table-Konzept zubereitet werden. Sprich: Praktisch alle verwendeten Zutaten werden direkt bei Produzent*innen gekauft. „Wir beziehen etwa 95 Prozent unserer Produkte direkt, ausgenommen Tomatenmark, Schokolade und Kaffee“, sagt Marvin Mudenda. Der Kaffee stammt aus einer heimischen Rösterei, ist bio und fair gehandelt, die Schokolade wird ebenfalls in Österreich verarbeitet. Der direkte Einkauf bedeutet klarerweise einen großen Aufwand, sagt der Küchenchef und hat auch Verständnis dafür, dass nicht alle Betriebe diese Linie fahren können: „Ich kann mir vorstellen, dass für ein größeres Restaurant das Thema der direkten Warenbeschaffung sehr viel mühsamer ist.“ Aber für sein kleines, biozertifiziertes Restaurant mit 22 Sitzplätzen – da passt es perfekt. 

Man kann sich natürlich fragen, warum man diesen Aufwand treibt und welcher Antrieb dahintersteckt. Bei Marvin Mudenda spielt dabei die eigene Geschichte eine Rolle. Der sportliche 30-Jährige hat immer wieder festgestellt, dass es ihm körperlich besser geht, wenn er hochwertige Lebensmittel isst. „Ich habe gemerkt, dass sich die Regenerationsphasen verkürzt haben, wenn ich Bio-Lebensmittel esse.“ 
Es spielen aber auch Kindheitserinnerungen eine Rolle. Seine Geschwister und er sind Kinder einer Österreicherin, die einst nach Simbabwe ging und dort blieb. Die Kinder aber wollten in die Heimat der Mutter zurück. Hinter ihrem Haus in Simbabwe haben sie Gemüse angebaut, verschiedene Kohlsorten, Paradeiser, Obst. Auch die Großeltern haben den Kindern einen wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln vermittelt. Ja, die Liebe zur Qualität kann man Kindern auch in die Wiege legen. 

Ein angerichteter Teller im "Belly Of The Beast" in Wien

Mehr Zulieferer als Sitzplätze

„Wir haben mehr Zulieferer als Sitzplätze“, sagt Marcel, der als ausgebildeter Sommelier gemeinsam mit seiner Schwester Melanie für den Service zuständig ist. Etwa 25 Produzent*innen sind es, manche sind klarerweise auch nur saisonal Partner, Stichwort: Verfügbarkeit. 
Auf der Karte stehen ausschließlich regionale Winzer, das Bier kommt von der „Brauküche 35“, einer Bio-Kleinbrauerei aus dem Weinviertel. Der einzige „große” Partner ist die Biogast, die den Mudendas bei der Bio-Zertifizierung eine große Hilfe war und oftmals auch heimische Ware im Sortiment hat, die nicht so einfach direkt beziehbar ist. „Die Zertifizierung ist zwar teuer, aber für Gäste wichtig“, sagt der Sommelier im Hinblick auf das Qualitätsversprechen, das diese Zertifizierung mit sich bringt. 

Und wie sieht der wirtschaftliche Aspekt aus? Lohnt sich „vom Bauernhof auf den Tisch“ auf Dauer? „Wenn man gut kalkuliert – und das ist die Kunst – kann man als kleines Restaurant langfristig sicher gut davon leben. Millionär wird man aber sicher nicht“, sagt Marvin. Hier spielen natürlich auch ideologische Gründe eine Rolle, Geld ist glücklicherweise nicht immer das Wichtigste.

Schnelles Geld? Sicher nicht

Wenn man als Unternehmer kurzfristige Ziele hat, dann ist dieses Konzept sicher nicht der richtige Weg. Aber: „Es ist wichtig, dass diese Bewegung wächst, für die Gastronomie, für die Menschheit. Als Gastronomen haben wir auch eine Vorbildfunktion und können Gäste positiv beeinflussen, sodass sie ihr Verhalten ändern. Es ist so: Wir machen es einfach und denken nicht viel darüber nach“, sagen Marcel und Marvin. 
Im Dezember 2020 wurde das Lokal eröffnet, die Einrichtung ist schlicht-zurückhaltend, die Tische luftig angeordnet, was für Gäste angenehm ist. Die Auslastung liege derzeit bei etwa 70 Prozent, sagen die beiden Brüder. Was die Karte angeht, zeigt man sich international. Die Bezeichnung „Fusionsküche in Handarbeit“ trifft am ehesten zu. 

Das Handwerkliche zeigt sich etwa im selbstgemachten Sauerteigbrot, das hier mehrmals die Woche frisch gebacken wird, in den Marmeladen oder Saucen. Anfangs gab es Brunch und Mittagstisch, aber das war für den Anfang ein wenig „too much“, derzeit hat das Restaurant nur abends geöffnet. Es gibt zwei Degustationsmenüs, einmal vegan und einmal mit Fleisch. Gäste können Gerichte aber klarerweise auch einzeln bestellen. Familien mit Kindern sind ebenfalls gerne zu Gast. Auf der Weinkarte gelistet sind etwa 25 Positionen, darunter auch Orange Wines, aber nichts Internationales, da ist man strikt.

Auch die Lebensmittelabfälle werden gering gehalten. Übrig gebliebenes Essen wird entweder selbst konsumiert oder gespendet, Gemüse wird nicht weggeworfen, sondern fermentiert oder eingelegt, im „Belly of the Beast“ bleibt fast nichts über. „Wir servieren keine übertrieben großen Portionen, daher kommt auch kaum was zurück. Die Gäste werden bei uns trotzdem satt“, sagt Marvin. Eines der Nahziele ist ein kleiner Online-Shop bzw. eine Greißlerei, über die die selbstgemachten Produkte vertrieben werden. Ein kleines Geschäftslokal nebenan stünde dafür zur Verfügung. Priorität habe aber derzeit das Restaurant, in dem man qualitativ noch weiter zulegen will. Eine künftige Expansion wollen die beiden aber nicht ausschließen. 

Steckbrief "Belly Of The The Beast"

  • Name: Belly of the Beast
  • Inhaber: Familie Mudenda
  • seit: Dezember 2020
  • Mitarbeiter: 5
  • Küchenschwerpunkt: internationale Fusionsküche
  • USP: Farm-To-Table-Konzept, „alles in Handarbeit“
  • Sitzplätze: 22 innen, 36 im Gastgarten
  • Adresse: Wasagasse 28, 1090 Wien
  • Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag, 18 bis 22 Uhr

www.bellyofthebeast.at