Zündwerk

Von Milwaukee ins Marchfeld

ÖGZ-Porträt
24.04.2023

Als Erich Windisch vor zehn Jahren in Strasshof einen Harley-Davidson-Stützpunkt eröffnete, war noch nicht abzusehen, wie sich das Projekt „Zündwerk“ zum Gastro-Hotspot entwickeln würde
Zündwerk

Gut, die rund sieben Kilometer lange Marktgemeinde im March­feld ist jetzt nicht für besonders idyllisches Flair oder lukullische Geheimtipps bekannt. Eher für die unzähligen Anspielungen auf Eisenbahner und spektakuläre Kriminalfälle. Ich darf das sagen, ich wohne selbst dort. Dennoch hat sich das von Wien kommend gleich am Ortsanfang befindliche „Zündwerk“ einer erstaunlichen Metamorphose unterzogen, von der heute Gäste aus Nah und Fern profitieren. Aus dem ehemaligen Motorradhandel samt Werkstatt hat sich in einer Dekade ein ansehnliches Zentrum der Gastfreundschaft entwickelt. Aber von Anfang an.

Petrolhead aus Leidenschaft

Erich Windisch, Geschäftsführer und Alleininhaber der Zündwerk GmbH, kann auf eine bewegte und äußerst erfolgreiche Berufslaufbahn zurückblicken, in der er mehr als nur einen Haken schlug. Eigentlich gelernter Maurer und Zimmermann, hängte er Kelle und Hammer schon früh an den Nagel und absolvierte ein Studium der Betriebswirtschaften. Ab dann bekleidete der Groß-Enzersdorfer einige Geschäftsführerposten, darunter bei Europcar und innerhalb der Porsche Holding. Als leidenschaftlicher Petrolhead privat auch auf zwei Rädern unterwegs, witterte er bei der Ausschreibung von Harley-Davidson zu einem Handelsstützpunkt im Norden Wiens seine Chance, einen Traum zu verwirklichen: ein eigenes Motorradcenter mit der Kultmarke aus Milwaukee. Nach erfolgreichem Zuschlag verlief die Suche nach einem Grundstück in Wien erfolglos, eher zufällig ergab sich der Ort Strasshof. Nach der erfolgreichen Eröffnung reifte aber im Unternehmergeist von Windisch schon der nächste Plan heran – eine angeschlossene Gastronomie, selbstverständlich amerikanisch geprägt.

Zündwerk
Zündwerk – Fine Steaks, Burger & Beer

Quereinstieg

Spätestens jetzt verließ der erfahrene Geschäftsmann aber vertraute Gewässer, denn punkto Gastronomie hatte er keinerlei Erfahrung. Schon im Dezember 2013 machte er sich gemeinsam mit den Profis von Herbert Koll an die grundsätzliche Planung, die Umsetzung erfolgte dann mit Derenko. Und bereits im September 2015 eröffnete „Zündwerk – Fine Steaks, Burger & Beer“, direkt angeschlossen an den Motorradhandel. Das Steakhouse-Konzept mit der von ihm persönlich zusammengestellten Karte wurde von den neugierigen Gästen äußerst interessiert aufgenommen – kein Wunder, gibt es doch im Ort relativ wenig Abwechslung in der Gastronomie. „Zündwerk“ ist seither in der Region synonym für Steakhouse, wobei der Neo-Gastronom nach guter österreichischer Sitte anfangs auch mit jeder Menge Neid, Hohn, unsachlicher Kritik und ähnlichen typischen Zuwendungen für mutige Unternehmer bedacht wurde. Da muss man durch, leider. 
Während sich das Restaurant in kürzester Zeit prächtig entwickelte, zogen nebenan aus den USA kommend dunkle Wolken auf. Ein fragwürdiger Strategiewechsel und schwindender Support von Harley-Davidson ließ den anfangs blühenden Zweirad-Betrieb zusehends verkümmern. Schon Ende 2018 witterte Windisch gewisse Probleme in der Zukunft und brütete das nächste Projekt aus: ein Hotel nebenan. Auch wenn Strasshof außer dem Eisenbahnmuseum kaum einen nennenswerten Pull-Faktor für Touristen hat, ergab eine Bedarfsanalyse mit Kohl & Partner sehr positive Signale.

Zündwerk
Zündwerk Motel

Strategiewechsel

Als dann obendrein noch die Pandemie hereinbrach, war es Zeit für eine komplette Neuausrichtung. Die Partnerschaft mit Harley-Davidson wurde beendet, Ende 2021 war die ehemals mit Zweirädern gefüllte Fläche leer, während nebenan der Rohbau des Hotels hochgezogen wurde (das aus juristischen Feinheiten Motel genannt werden musste). Zeitgleich legte Derenko wieder Hand an und machte aus dem einstigen Verkaufsraum ein stilvolles Restaurant mit Bar. Mit Anfang 2022 ging es dann Schlag auf Schlag: Nach den dank viel Weitsicht und gesunder Eigenkapitaldecke gut überstandenen Lockdowns eröffnete im März der „Zündwerk Living Room“ als eigenständiges gastronomisches Konzept, zwei Monate später konnten die ersten Zimmer im Zündwerk Motel vergeben werden.

Heute ist Windisch weit entfernt vom Motor-Geschäft und zum Vollblut-Gastronomen und -Hotelier gereift. Mit einem gewissen Faible fürs Mikromanagement: So legte er von Anfang an großen Wert auf österreichische Herkunft der Ware und höchstmögliche Frische. Fleischimporte aus dem Ausland lehnt Windisch kategorisch ab, das Fleisch (ausschließlich Dry Aged) kommt vom Höllerschmid,  Erdäpfel aus der Region (immerhin 1,5 Tonnen pro Monat). Convenience-Produkte nur, wenn nicht anders möglich – aber die machen gerade mal rund drei Prozent der Ware aus. Abgerundet mit einer gemeinsam mit Del Fabro-Kolarik kompetent kuratierten Bierkarte ist das „Zündwerk – Fine Steaks, Burger & Beer“, immerhin schon mehrere Jahre in Folge mit einer Falstaff-Gabel ausgezeichnet, heute beliebter denn je. Rund 5.000 Gäste pro Monat sprechen eine klare Sprache. Die Auslastung im Motel ist ebenfalls sehr gut, auch der Living Room etabliert sich dank laufender Adaptierung der Karte mit seiner international orien­tierten Küche als eigenständige Location mit steigender Wahrnehmung als vollwertiges Restaurant, weg vom reinen Barbetrieb. 

Zündwerk
Living Room

Zukunftspläne? Windisch winkt ab: „Nach diesen äußerst erfolgreichen, aber auch turbulenten letzten zehn Jahren stehen jetzt mal keine neuen Projekte an. Jetzt geht es um Konsolidierung und Imagearbeit, um die Marke Zündwerk weiter auszubauen – als gemeinsames Dach für zwei Restaurants und ein Motel.“ Wir Strasshofer freuen uns auf weitere zehn Jahre Gastfreundschaft!

Zündwerk

Zündwerk: 
Hauptstraße 1a
2231 Strasshof an der Nordbahn

Steaks & Burger
Dienstag – Samstag: 11.30 bis 23 Uhr
Sonntag: 11.30 bis 17 Uhr

Living Room
Mittwoch + Donnerstag: 17 bis 24 Uhr
Freitag + Samstag: 16 bis 1 Uhr

www.zuendwerk.at