ÖGZ-Verkostung

Burgunder im ÖGZ-Test

14.06.2022

Von: Roland Graf
Pinot Noir mag nicht jedermanns Sache sein, doch er ist der „Sommer-Rotwein“ par excellence. Und diese Eigenschaft teilt er mit den weißen Cousins aus der heimischen Burgunderfamilie
ÖGZ-Weinexperte Roland Graf hinter einer sehenswerten Anzahl von Weinflaschen

Die Wertschätzung für Burgundersorten ist in Österreich an sich evident. Der „Morillon“ als weltweit weitgehend einzigartige Bezeichnung für den Chardonnay zeigt aber bereits die Verkürzung der „Familie“ der Burgundersorten auf ihren beliebtesten Vertreter auch in globaler Perspektive.

Mit der mittlerweile zu ziemlicher Meisterschaft gebrachten Disziplin „Chardonnay Barrique“ hat man hier auch viel – im wahrsten Sinn des Wortes – für Freunde des kräftigen Weißweins zu bieten. Doch im Sommer hat die Eiche Pause. Jetzt sind leichtere und spritzigere Optionen gefragt. Womit man sich endlich auch trauen darf, den Weißburgunder aus dem Keller zu holen.

Er ist wohl die unterschätzteste Sorte, die es aus heimischer Erzeugung gibt. Denn nur in echter Meisterhand verbinden sich Säure (im Klimawandel zunehmend ein Problem!) und das vielzitierte „Nusserl“, das den Pinot Blanc in den besten Fällen auszeichnet. Dann aber gibt es kaum einen besseren Begleiter zur Gemüse-Küche als den ultrapräzisen und doch fast unmerklich cremigen Burgunder. Noch deutlicher wird das vielleicht beim zweiten „Underdog“ aus der Rebenfamilie – dem Grauburgunder (Pinot Gris). Aber immerhin profitiert er von der zunehmenden Akzeptanz von „Orange Wine“. Denn damit traut man sich seitens der Winzer auch, den leichten Rotstich, der sich reifen Beeren verdankt, auch in die Flasche zu bringen.

Das ÖGZ-Kosterquartett
Das Koster-Quartett: Wie kommen die Wein-Bewertungen dieser Seiten zustande? Die ÖGZ lud Winzer ein, kostenpflichtig Verkostmuster einzureichen. Der Querschnitt durch das Marktangebot wurde dann in Gruppen (z. B. „St. Laurent“ bzw. „Chardonnay Barrique“) zusammengefasst. Kompetenter Mitverkoster war Franz Seidl vom „Gasthaus Seidl“ in Wien 3, der mit seinem Küchenchef Alexander Michlfeit, ÖGZ-Autor Roland Graf und Sylvie Hütter zur Seite stand – und auch Speise-Empfehlungen aussprach. Den jeweils Besten der Verkostung wurde das ÖGZ-Gütesiegel 2022 in Gold verliehen. Verkostet wurde beim „Seidl“ wie immer verdeckt.  

Kupfergoldene Nobilität

Dieses rot-goldene Schimmern deutet auch die Noblesse an, die der Grauburgunder erreichen kann. Dank seiner kräftigeren Aromatik nimmt er sich nicht nur diverser Grillgemüse – ein „himmlisches Match“ wären Süßkartoffeln! – wohlwollend an. Auch die asiatische Küche, im Sommer ebenfalls eine beliebte Option am Menüplan, findet im Pinot Gris einen verlässlichen Partner. Da stören auch ein paar Gramm Restzucker oder etwas Holzeinsatz nicht. Ganz im Gegenteil! Wie eine rotfruchtige Hülle entschärft er Currys oder andere Chili-satte Gerichte. Denn auch zu einem „Chili con Carne“ muss es nicht immer Rotwein sein.

Und wenn doch, dann greife man zum vorgekühlten Cousin aus der „Famille Bourgogne“, dem Pinot Noir oder dem St. Laurent. Letzterer hat ein Faible für Gewürze wie Rosmarin oder Koriander, während der Pinot Noir praktisch den Inbegriff eines „Sommer-Rotweins“ darstellt. Denn was sonst macht mehr Spaß, das schon nach Erdbeeren duftet? 

Insofern ist die burgundische „Familien-Aufstellung“, die das ÖGZ-Kostquartett für Sie unternahm, wieder reich an Empfehlungen. In Weiß und Rot, versteht sich!

Das sind die besten Burgunder 2022

Sax: ÖGZ-Gold für einen Parade-„WB“
In den nach ökologischen Erkenntnissen kultivierten Weingärten findet man neben gebietstypischem Löss auch Schotter- und Urgesteinszonen. „Wir denken, dass sich unser gegenseitiges Verständnis unter Zwillingen in der Harmonie unserer Weine widerspiegelt.“
ÖGZ-Kostnotiz: Schönes „Nusserl“ gleich vorweg! Auch feine gelbfruchtige Noten (überreife Nektarine) und ein Quäntchen Orangenschale im animierenden Duft. Feine Säure und wieder saftige Art, diesmal Birne, nach hinten hinaus leicht pikant. Kalbsstelze mit Erbsenreis und Natursafterl, rät die Jury.
Winzerhof Sax //  Weißburgunder 2021 / 13,5 % / SV € 8,80 / www.winzersax.at

Nestor: Mit viel Schmelzigkeit zu ÖGZ-Gold
„Nestor“ steht für die Leidenschaft von Günther Neukamp und Thomas Stadler für sortenreine, burgundisch geprägte Weine: „Gepaart mit dem Mikroklima und den Böden des Weinbaugebietes Neusiedler See, schaffen wir außergewöhnliche, Weine mit besonderem Charakter.“
ÖGZ-Kostnotiz: Kupferrote Reflexe – sehr attraktiv im Glas! Rosenblätter, Brioche, Orangenmarmelade aus England und generell keineswegs schüchtern im Duft. Satter Antritt am Gaumen, diesfalls (kühle!) Mango, gewaltig saftig und mit intensivem Nachhall gelber Tropenfrucht. „Sicheres Potenzial!“
Nestor Neukamp & Stadler // Nestor Pinot Gris Ried Lehendorf 2020 13,5 % / NK / € 19,– / www.nestor.wine 

Keringer: Rauchig, fruchtig und „vergoldet“
„Unser Weingut in Mönchhof im Nordburgenland hat sich voll und ganz darauf verschrieben, bei der Vinifizierung von Rotweinen innovative Wege zu gehen. Seit dem Jahr 2004 sind wir mit großem Engagement dabei“, so Robert und Marietta Keringer. Die 
internationelen Erfolge bestätigen das. 
ÖGZ-Kostnotiz: Jugendlich und mit sortentypischem Duft nach Himbeere, Kornellkirsche und Weichselkompott. Deutlicher Zug zum Tor – wie Paprikachips im ebenso würzigen wie rauchigen und fruchtigen Charakter. Extremes Trinkanimo und „wie gemacht, um Lamm mit Polenta 
zu begleiten“.
Weingut Keringer // Commander 2020 / 14 % / NK € 11,90 / www.keringer.at 

Pfaffl: ÖGZ-Gold für Würze und Power
In knapp 20 Jahren hat Roman Pfaffl aus dem elterlichen, landwirtschaftlichen Betrieb mit den ursprünglichen 0,75 Hektar Weinbau ein 20-Hektar-Weingut mit großen Ambitionen geschaffen. Weitere 20 Jahre folgten, in denen auch schon die nächste Generation kräftig mitwerkte. 
ÖGZ-Kostnotiz: Schwarztee und eingelegte Kirschen in einem Duftbild zum Verlieben. Samtiges Mundgefühl und Tabaknoten im internationalen Stil, dabei immer mit feiner Säure (Schwarze Olive) und einem fast espressoartigen, röstigen Finale. „Austro-Option zur Bistecca Fiorentina“, wünschen sich die ÖGZ-Verkoster.
Weingut R & A Pfaffl //  St. Laurent Alten 2020 / 14 % / NK € 21,– / www.pfaffl.at