Herbst-Klassiker: Weine zu Gansl und Wild im Test

ÖGZ-Verkostung
22.09.2022

Von: Roland Graf
Seltene Genüsse sind ein guter Umsatzbringer auch bei der Weinbegleitung. Was zu Wildbret und Martinigans – glas- oder flaschenweise – mundet, erhob das ÖGZ-Kostquartett.
Ein Teller mit Gänsebraten, Rotkraut und Knödel

Der einfachste Weg zu einem idealen Ganslwein – nicht nur im Burgenland vor Martini (11. November) eine wichtige Bestellung – ist einfach: Man frage die Winzer, was sie zum Federvieh aus dem Ofen empfehlen. 
Genauso halten wir es bei der ÖGZ seit Jahren und hängen gleich die Frage nach dem idealen Wein zum Wildbret, ganz ohne weitere waidmännische Differenzierung, an. 
Daraus speist sich eine Verkostung, die sich explizit den Küchenregenten des Herbsts widmet. Diesmal war auffällig, dass der Großteil der Winzer sich für Rotweine und etwas reifere Angebote entschied. Das ist gut so, denn auch wenn der (weiße) Jungwein um den November herum „getauft“ wird – Freude machen andere Varianten im Glas.
Das Schöne daran ist, dass Österreichs Rieden für alle Arten der Zubereitung von Wild und Gänsen perfekte Optionen bieten. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit lassen sich gleich einige „Freunde“ auf dem Teller und im Glas nennen: Die Süße des Rehfleischs konterkariert z. B. die Würze eines St. Laurent, während die Frucht des Zweigelt mit seinem Zwetschken-Anklang wie eine ideale Beilage zu ge­schmortem Wildschwein passt. Höhere Säure, wie sie etwa ein Blau­fränkisch bietet, ist wiederum eine gute Option beim Fettanteil der Gans. Kommt dazu noch ein dezenter Holzeinsatz im Keller des Winzers, nimmt dieser Speisebegleiter es auch mit der knusprigen Haut aromatisch leicht auf. 

Der Wein als „Sauce im Glas“

Auch für die Kalkulation des glasweisen Angebots im Herbst wichtig: Saftige Weine, die durchaus „einfach“ und leistbar sein können, sind alles andere als ein Fauxpas zum Wildgeflügel, das mit seinem zarten Fleisch dann vom Rotwein wie einer Sauce umhüllt wird. Denn bei genauer Betrachtung wird man sehen, dass balancierte (!) Rotweine und eine Sauce Cumberland bzw. Preiselbeeren eine sehr ähnliche Struktur aufweisen: herb (=der Gerbstoff), zart säurig und mit fruchtigem Geschmack. 
Dieses direkt aus der Wildküche abgeschaute Anforderungsprofil erfüllen vor allem auch Cuvées, die das Beste aus mehreren Rebsorten verbinden. Da ergibt dann etwa die pikante Würze eines Cabernets oder der Fruchtschmelz aus der Neigungsgruppe „Dunkle Beere“ bei einem Merlot weitere Elemente für das Pairing mit Wildbret oder Weidegans.

Das ÖGZ Verkosterquartett:  Roland Graf, Franz Seidl, Alexander Michlfeit und Sylvie Hütter (v.l.n.r.)
Das ÖGZ Verkosterquartett:  Roland Graf, Franz Seidl, Alexander Michlfeit und Sylvie Hütter (v.l.n.r.)

Entsprechend groß war also auch die Auswahl an Rebsorten in dieser Verkostung, die man getrost schon als Herbstklassiker im Service-Angebot der ÖGZ ansprechen kann. Welche Paarungen dabei heuer das Rennen machten, hat das Kostquartett hier für Sie zusammengefasst!

Die besten Weine zu Gansl und Wild 2022

Weingut Christen: Perfekt einsetzbarer Rotwein holt Gold
Im nördlichen Weinviertel, im idyllischen Herrnbaumgarten, wird das Weingut in der fünften Generation von der Familie Christen geführt. Die malerische Umrahmung Herrnbaumgartens durch seine Weinberge ist einzigartig. Inmitten dieser Weinberge liegen die Reben des Weinguts.
Kostnotiz: Kühle Brombeerfrucht, eine Erinnerung an Hollerkoch steigt auf, dazu auch 
etwas Gewürznelke. Vollmundig und samtig, die dunkle Beerenfrucht entwickelt sich ebenso wie die Zwetsckentöne. Und das auch durchaus angekühlt. „Top zu Hirschbeuschel mit Wacholder und Palffyknöderln.“
Weingut Christen //  Blauer Portugieser 2021 / 13,0 %  SV / € 5,10 / weingutchristen.at 

Schloss Gobelsburg: Gold! So muss Ganslwein sein
Vor mehr als einem Dreivierteljahrtausend, exakt 1171, begann die klösterliche Zeitrechnung für das Weingut Schloss Gobelsburg in Langenlois im Kamptal. Damals erhielten Zisterziensermönche des Stiftes Zwettl ihre ersten Weinberge rund um die Riede Heiligenstein. 
Kostnotiz: Granatapfelsirup und auch Zwetschkenröster: Dicht, dunkel und ganz zart säurig fällt das Duftbild aus. Am Gaumen schön gerundet und mit stützendem Gerbstoff, der einen Kern aus dunkler Frucht und Bitterschokolade attraktiv ergänzt. „Erste Wahl zum Gansl mit Rotkraut und Natursafterl.“
Schloss Gobelsburg //  Zweigelt Reserve 2018 / 13,5 % / NK € 27,– / www.gobelsburg.at

Keringer: Tiefgang trägt ihn locker zu ÖGZ-Gold
„Unser Weingut in Mönchhof im Nordburgenland hat sich voll und ganz darauf verschrieben, bei der Vinifizierung von Rotweinen innovative Wege zu gehen. Seit dem Jahr 2004 sind wir – Robert und Marietta Keringer – mit großem Engagement dabei. Die vielen Auszeichnungen bestätigen unser Streben.“
Kostnotiz: Waldboden, Steinpilz, etwas Moos und Heidelbeere – aber auch Thymian und Tintenblei – in einem vielschichtigen und generell kühlen Aromen-Bogen. Seidiges Mundgefühl, aus dem sich wieder Beerentöne mit zarter Fruchtsüße herausschälen. Top zu Gnocchi mit Gänseklein oder einem Rehragout. 
Weingut Keringer // Commander St. Laurent 2020 / 14 % SV / € 11,90 / www.keringer.at 

Das Koster-Quartett

Wie kommen die Bewertungen unserer Verkostungen zustande? Die ÖGZ lud Importeure und Winzer ein, kostenpflichtig ihre Proben einzureichen. Diese wurden gedeckt im „Gasthaus Seidl“ (bereits jetzt feines Gansl!) im 3. Bezirk verkostet und bewertet. Mit dem Hausherrn, Franz Seidl, und Küchenchef Alexander Michlfeit bewerteten Sommelière Sylvie Hütter und ÖGZ-Autor Roland Graf. Die besten Weine erhielten wie immer das ÖGZ-Gütesiegel 2022 in Gold.