WEGE AUS DER KRISE

Weg vom Tourismus, hin zum Lebensraum!

Zukunft
07.04.2022

 
Nachdem der Tourismus die stärkste Zäsur erfahren musste, gilt es jetzt mit einer komplett neuen ­Denkweise neu durchzustarten. Menschen und Gemeinwohl, nicht Zahlen und individuelle Profite ­stehen im Mittelpunkt, meint unser Gastautor Günter Exel.

Seit 2020 durchleben wir die schwierigste, aber auch chancenreichste Zeit in der Geschichte des Tourismus. Die Corona-Pandemie, das wachsende Bewusstsein für regionale Kreisläufe und die Auswirkungen der Klimakrise setzten einen unumkehrbaren Bewusstseinswandel in Gang. 
Dieser Wandel birgt die Chance zum ganzheitlichen Umdenken. Sehen wir den Tourismus nicht länger als abgeschlossenen Sektor! Als Querschnittsbranche tragen wir Verantwortung für die nachhaltige Weiterentwicklung von attraktiven Regionen fürs Leben, Arbeiten und Urlauben. Nur wenn die Lebensqualität der Bevölkerung genauso im Blick steht wie der Erlebniswert für Gäste, dann wird eine Destination zum „Happy Place“ für beide Gruppen. 

Lebensqualität  statt Nächtigungen

Es gilt also, Abschied zu nehmen. Weg von der (touristisch geprägten) Destination. Hin zur Region, zum gemeinsamen Lebensraum von Gästen wie Einheimischen. Weg von traditionellen Gradmessern wie Übernachtungszahlen oder Wirtschaftsleistung. Hin zu neuen KPIs wie Lebensqualität und Zufriedenheit. 

Weg von der DMO als Destinations-Management-Organisation. Hin zur LMO, zur Lebensraum-Management-Organisation, die sich als Lebensraumgestalter und Stakeholdermanager versteht. 

Lebensraumkonzepte sind integrativ. Sie berücksichtigen die Bedürfnisse der ganzen Region. Dafür verlangen sie, dass alle an einen Tisch geholt werden: Gastgeber*innen, Wirtschaftstreibende, Stadtentwickler*innen, Verkehrsgesellschaften, Kulturschaffende und soziale Einrichtungen.
Lebensraum-Management ist also eine Querschnittsaufgabe mit dem Ziel, die Lebensqualität für Gäste wie Bevölkerung zu steigern. Aber wie können wir unsere Stadt oder Region fit für die Zukunft machen? 

Hier geht es zur Hauptstory - wieso Unternehmen jetzt resilient sein müssen. 

Die Identität finden

Erstaunlich ist, dass es vielen Regionen an Klarheit über die eigene Identität fehlt. Ist doch diese die Basis für jedes Konzept. Was haben wir für Voraussetzungen? Welche Werte teilen wir? Wo liegen unsere Stärken? Wo wollen wir hin? Diese gemeinsame Identität muss in Lebensraumprozessen herausgearbeitet und weiterentwickelt werden.

Zu den weiteren Erfolgsfaktoren im Lebensraum-Management gehören:
• das systematische Einbeziehen der Bevölkerung
• eine zukunftsfähige Infra­struktur – vom Thema Wohnen über ÖPNV bis zu Kultureinrichtungen
• Nachhaltigkeit in allen drei Dimensionen: ökonomisch, ökologisch und vor allem auch sozial
• eine aufs Gemeinwohl abzielende Lokalpolitik
• eine glaubwürdige integrierte Kommunikation mit allen Anspruchsgruppen
Wir brauchen neue, nachhaltige, übergreifende und am Gemeinwohl orientierte Konzepte. Und wir brauchen, mehr denn je, neue Visionen für die Zukunft des Tourismus.

Bereits im ersten Corona-Jahr 2020 formulierte Realizing Progress gemeinsam mit dem Verband Internet Reisevertrieb e. V. ein Manifest, das den Tourismus der Zukunft als Lebensraumgestalter skizziert (www.impulse4travel.de/manifest). Viele neue, mutige Impulse sind demnächst auch von der OpenWeek im Allgäu zu erwarten – einem neuen Veranstaltungsformat (sh. unten), zu dem auch engagierte Touristiker*innen und Standortentwickler*innen aus Österreich herzlich eingeladen sind.

Autor und Thema

Günter Exel ist Netzwerkpartner des internationalen Beratungsunternehmens Realizing Progress.
Günter Exel ist Netzwerkpartner des internationalen Beratungsunternehmens Realizing Progress.

Lebensräume neu ­denken bei der OpenWeek Allgäu

Wie gelingt der Wandel von der Tourismusdestination zum nachhaltigen Lebensraum? Wie können Einheimische in Lebensraum-Prozesse eingebunden werden? Wie ist Lebensqualität messbar? Vom 28. Mai bis 4. Juni 2022 werden in Fischen im Allgäu 50 Pionier*innen und Visionär*innen das Thema Lebensräume neu denken. 

Tickets für die achttägige Coworkation sind auf www.openweek.de ­erhältlich.