Zwischenbericht

Aktuelle Entwicklungen im Tourismus

Tourismus
26.05.2023

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz erläuterten Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und BM Martin Kocher die aktuelle Zahlen und präsentierten eine Neuerung zum österreichischen Tourismus
Kraus Winkler

Mit den ersten Zahlen von 2022 bzw. Ergebnissen aus der ersten vollen Wintersaison nach Pandemieende präsentierten Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und BM Martin Kocher ausgesprochen positive Zahlen und Ausblicke, nicht jedoch ohne auf die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen wie Teuerung, Fachkräftemangel oder Klimawandel einzugehen. Die wichtigsten Punkte der Pressekonferenz zusammengefasst:

Aktuelle Wirtschaftszahlen

  • Erste Schätzungen des WIFO für das Jahr 2022 gehen davon aus, dass der direkte und indirekte BIP-Anteil des Tourismus im Jahr 2022 bereits wieder auf 6,2 Prozent gestiegen ist. (2021 lag er pandemiebedingt nur bei 3,1 Prozent; 2019 bei 7,6 Prozent)
  • Im Jahr 2019, vor der Krise, waren im Jahresschnitt 220.420 Personen in der Tourismus-Branche beschäftigt.
  • 2022 waren im Schnitt bereits wieder 217.472 Personen im Tourismus beschäftigt.
  • Im Jänner und Februar 2023 konnten mit jeweils mehr als 230.000 Beschäftigte im Tourismus verzeichnet werden, im März 2023 mehr als 223.000 Personen.

Arbeitsmarkt

Um die nach wie vor herausfordernde Lage am Arbeitsmarkt - Ende April 2023 waren fast 12.000 offene Stellen im Tourismus über das AMS ausgeschrieben - in den Griff zu bekommen, wurden folgende Maßnahmen beschlossen

  1. Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte:
    • Personen, die mindestens zwei Jahre als Stammsaisonier gearbeitet haben, können eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen und somit eine dauerhafte Arbeitsgenehmigung erlangen.
    • Im Jahr 2022 wurden insgesamt 348 Rot-Weiß-Rot-Karten für den Tourismus ausgestellt (insg. 6.182, Anteil Tourismus: 5,6%), im Jahr 2023 waren es bis Ende April bereits 244 Rot-Weiß-Rot-Karten (insg. 2.432, Anteil Tourismus: rd. 10%).
  2. Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes: Aus der Ukraine Vertriebene können ohne Beschäftigungsbewilligung am österreichischen Arbeitsmarkt arbeiten.
  3. 2021 wurde eine neue Stammsaisonierregelung auf den Weg gebracht:
    • Mit der Reform können Saisonarbeitskräfte seit Anfang 2022 Beschäftigungsbewilligungen außerhalb von Kontingenten und ohne Arbeitsmarktprüfung für die Saison erhalten. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Arbeitskräfte während der letzten fünf Kalenderjahre zumindest in drei Jahren für mindestens drei Monate im Rahmen der Kontingentregelung beschäftigt waren.
  4. Neu ist jetzt, dass die Saisonkontingente im Tourismus und in der Landwirtschaft um weitere 1.000 Plätze erhöht werden:
    • Konkret wird Arbeitsminister Kocher die Saisonkontingente im Tourismus per Verordnung um rund 898 Plätze, von derzeit 3.389 auf 4.287 Plätze erhöhen.
    • In der Landwirtschaft beträgt die Erhöhung rund 102 Kontingentplätze. (von bis dato 3.060 auf 3.162 Plätze)

Klimafolgeanpassung und Resilienz

Mit einem Fördercall sollen innovative Konzepte zur Klimafolgeanpassung unterstützt werden

  • Gefördert wird die Erstellung innovativer Tourismuskonzepte zur Anpassung an den Klimawandel in ländlichen Regionen;
  • Förderbar sind z.B. Aufwendungen für fachliche Beratung, Studien oder die Evaluierung von Pilotprojekten;
  • das Förderbudget beträgt 1 Mio. Euro (bis 200.000 Euro pro Fall);

Details werden kommende Woche veröffentlicht.

Winter- und Sommertourismus

Viele positive Rückmeldungen sind aus dem Wintertourismus zu vermelden. Entgegen allen Unkenrufen ist laut Kraus-Winkler Schifahren nach wie vor weltweit sehr beliebt und von steigenden Zahlen gekennzeichnet:  „Die Lust auf Winterurlaub in Österreich in der abgelaufenen Wintersaison ist ungebrochen. Die erste „echte“ Wintersaison ohne Corona-Einschränkungen hat gezeigt, dass Skifahren und Wintersport unsere Gäste nach wie vor begeistern und Österreich durch die einmalige Kombination aus dem qualitativ-hochwertigem Wintersportangebot und dem hervorragendem Preis-Leistungs-Verhältnis punktet.“

Die Zahlen dazu sprechen für sich:

  • Die heute präsentierten Zahlen der Statistik Austria belegen, dass sich der österreichische Wintertourismus in der Wintersaison 2022/23 nahezu vollständig von der Corona-Pandemie erholt hat.
  • Trotz Teuerungen konnten die Beherbergungsbetriebe 69,29 Millionen Nächtigungen erzielen – das ist das drittbeste Ergebnis nach den Rekordsaisonen 2017/18 (71,87 Mio.) und 2018/19 (72,92 Mio.).
  • Nächtigungen Wintersaison 2022/23:
    • 53,46 Mio. ausländische Gäste (+ 34,5 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum)
    • 15,82 Mio. inländischer Gäste wuchsen (+22,0 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum)
  • Laut Winterpotenzialstudie der Österreich Werbung bleibt Österreich in den zehn wichtigsten Märkten eine Top-Winterdestination. In den meisten davon liegt Österreich unter den Top 3.

Angesprochen auf die eben in Deutschland, dem wichtigsten Herkunftsland für Touristen, ausgerufene Rezession und die damit verbundenen Einschränkungen bei persönlichen Ausgaben, zerstreute BM Martin Kocher derartige Sorgen. Persönliche Einschränkungen seien meist mit Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes verbunden, solide Beschäftigungszahlen bei unseren Nachbarn sprächen dagegen. Kocher räumte aber ein, dass es aufgrund der hohen Preise in Österreich Rückgänge bei den Zusatzausgaben vor Ort kommen könnte.

ÖHV fordert langfristige Arbeitsmarktvision

Die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) hat unterdessen in einer Reaktion auf die heutige PK auf den dringenden Bedarf an zusätzlichen Saisonarbeitskräften im Tourismus hingewiesen und eine grundlegende Überarbeitung der arbeitsmarktpolitischen Strategie gefordert. ÖHV-Präsident Walter Veit begrüßt die Aufstockung des Saisonierkontingents um 898 Stellen als wichtigen Schritt zur Aufrechterhaltung der hohen Dienstleistungsqualität. Veit betonte, dass durch den verstärkten Einsatz von Saisonarbeitskräften das Stammpersonal deutlich entlastet werde.

Auch wenn die zusätzlichen Saisonierstellen im Tourismus eine unmittelbare Hilfe darstellen, hält Veit eine tiefgreifende Umstrukturierung der Arbeitsmarktstrategie für unumgänglich. Er warnt davor, dass trotz der aktuellen Kontingentserhöhung in allen Branchen nach wie vor ein akuter Arbeitskräftemangel besteht. Diese Situation werde sich eher verschlechtern als verbessern. Er plädierte für eine Abkehr von kurzfristigen Insellösungen hin zu einer nachhaltigen arbeitsmarktpolitischen Vision. Die derzeitige Strategie sei zu sehr auf den unmittelbaren Saisonbeginn ausgerichtet, ohne langfristige Perspektive. Für die Zukunft des Tourismussektors, aber auch für andere Bereiche wie Kindergärten, Schulen, Apotheken und technische Berufe fordert er einen umfassenderen und strategischeren Ansatz: „Aktuell reicht der Planungshorizont bis zum nächsten Saisonbeginn. Das können wir besser“, wünscht sich Veit mehr Weitblick für den Tourismus.