Coach hilft besser buchen

Nächtigung
13.08.2014

Weniger als eine Million Nächtigungen – und trotzdem leistet sich die Urlaubsregion Kaiserwinkl einen E-Coach und seit 1. Juli eine eigene Buchungsplattform
Seit Juli ist im Kaiserwinkl ein  regionales Buchungsportal in Betrieb.
Die Klassiker Wandern und  Mountainbiken werden im Kaiserwinkl durch die Speerspitzen Golfen und Paragleiten ergänzt.

Es war der Zankapfel im Frühjahr 2014. Die Nächtigungsabgabe. Eine Erhöhung von 1,20 Euro auf wenigstens zwei Euro stand im Raum. Doch letztlich fand sich innerhalb der Stimmgruppen des Tourismusverbandes Kaiserwinkl mit den Orten Kössen, Walchsee, Schwendt und Rettenschöss keine Mehrheit. „Wir versuchen unseren Vermietern seit Jahren klar zu machen, dass es zwei Besteuerungssituationen gibt. Das eine ist der Promillesatz, den der Vermieter bezahlt, das andere die Nächtigungsabgabe, die der Gast bezahlt. Das heißt, wenn die Nächtigungsabgabe erhöht wird, handelt es sich um keine zusätzliche Ausgabe für den Betrieb“, erklärt Thomas Schönwälder. „Der Gast hat am wenigsten ein Problem damit, wenn eine Taxe eingehoben wird. In Deutschland geht unter zwei Euro gar nichts“, klingt der Geschäftsführer des Tourimusverbandes Kaiserwinkl ein wenig enttäuscht.

Im Kaiserwinkl, das jährlich in etwa 900.000 bis 950.000 Nächtigungen erzielt, hat man sich schließlich auf 1,50 Euro Nächtigungsabgabe geeinigt. „Wir müssen vom Schwimmbad über die Wanderwege bis hin zu den Loipen einiges bewältigen. Heuer im Winter wollen wir die Beschneiung der Loipen in Angriff nehmen. Da klemmt es dann, wenn die Investitionen nicht mehr mit den Beitragserhöhungen abgedeckt werden können“, so Schönwälder. „Zu einem größeren Schritt hat sich die Vollversammlung leider nicht durchringen können“, bedauert der TVB-Geschäftsführer. „Das ist noch ausbaufähig.“ Schließlich verursache die laufende Pflege und Erweiterung der Infrastruktur Kosten, und damit ist nicht die nur die geplante Loipenbeschneiung gemeint. Denn neuerdings hat sich der Verband mit dem Nürnberger Internetexperten Jochen Karl einen E-Coach angelacht.

Lernprozess für Gäste
„Der Gast hat gelernt, dass er auf den diversen Buchungsportalen den besten Preis bekommt. Wir müssen jetzt den Vermietern klar machen, dass sie im eigenen Haus und auf der Plattform des Tourismusverbandes den Bestpreis bieten. Das ist die wichtigste Aufgabe des E-Coaches, das zu analysieren“, erklärt Schönwälder. Dafür hat man im Kaiserwinkl in den letzten Monaten die Hausaufgaben gemacht und auf der Homepage www.kaiserwinkl.com jedem Betrieb in der Region die Möglichkeit geschaffen, sich zu präsentieren. „Und zwar auf dem letzten Stand der Dinge, so wie das auch die großen Buchungsplattformen machen“, betont Schönwälder. Das neue hauseigene Buchungssystem ist seit dem 1. Juli 2014 in Betrieb. „Wir sind jetzt gerade mittendrin, die Online-Auftritte der Betriebe zu analysieren.“ Der beim TVB angestellte E-Coach unterstützt die Betriebe bei der Analyse, bei Systemänderungen oder der Vermittlung von Anbietern. Die Beratung ist für die Betriebe kostenlos. „Wir wollen nächstes Jahr im Sommer so weit sein, dass der Gast gelernt hat, dass es im Kaiserwinkl keinen Sinn macht auf booking.com zu buchen, weil er direkt bei den Betrieben bzw. auf der Homepage des Tourismusverbandes den besten Preis bekommt.“ 250 Betriebe sind bereits im neuen System erfasst. Bei weiteren hundert lohnt es sich, laut TVB-Geschäftsführer Schönwälder, nachzufassen. „Wir haben ca. 400 Betriebe, die Betten vermieten. Eine hundertprozentige Abdeckung wird es aber nicht geben. Nicht jeder, besonders ältere Vermieter, wollen mit dem Internet zu tun haben.“

Nebst Einführung eines regionalen Buchungsportals ist der Kaiserwinkl heuer auch gut in den Sommer gestartet. „Ich bin zuversichtlich, dass wir relativ gut abschneiden werden. Es wird wieder ein normales Jahr werden“, prognostiziert Schönwälder. Denn schlechter als im Jahr 2013 mit einem Rückgang auf 800.000 Nächtigungen könne es kaum werden. Verantwortlich dafür seien die Auswirkungen der Hochwasser-Katastrophe im Juni 2013 gewesen. „Wir waren 14 Tage weder über Internet oder Telefon erreichbar und konnten keine Information über die Lage vor Ort geben“, erzählt Schönwälder rückblickend. Auch die Anreise gestaltete sich schwierig, da der gesamte Raum um das naheliegende deutsche Traunstein massiv vom Hochwasser betroffen war. Autobahnen und Zufahrtsstraßen waren überschwemmt. „Die touristischen Einrichtungen waren aber kaum in Mitleidenschaft gezogen und mit kleinen Einschränkungen alle nutzbar“, so Schönwälder. Von einigen Medien seien aber Horrorszenarien aus dem Kaiserwinkel in den deutschen Raum kolportiert worden. „Das schreckte die Urlauber ab.“ Mithilfe des Landes Tirol und der Tirol Werbung wurde eine Gegenkampagne gestartet. Die kam aber zu spät. „Dementsprechend schlecht war dann leider der Sommer“, bedauert Schönwälder. Auch der Winter 2013/14 brachte ein ähnliches Ergebnis. Nämlich ebenfalls ein Minus. Im Tourismusverband führt man die „wenig ausgeprägte Sehnsucht“ nach einem Winterurlaub auf den Schneemangel zurück.

Events bringen Gäste
Zu einem Gästeplus heuer dürften auch zahlreiche Events führen. Da gibt es u.a. die Österreichischen Staatsmeisterschaften im Paragleiten, die Triathlon Challenge Walchsee oder den Lichterzauber am See. Laut Thomas Schönwälder zählen Para-
gleiten und Golf neben den Klassikern Wandern und Mountainbiken zu den „Speerspitzen“ im touristischen Angebot. Zudem verfüge man mit dem Walchsee in Kössen über einen der wärmsten Badeseen Tirols. „Wir sind zwar klassisch tirolerisch positioniert, aber eine atypische Tiroler Region“, sagt Schönwälder. Denn anders als in vielen anderen Tiroler Tourismus-
orten entfallen mehr als die Hälfte der Nächtigungen auf den Sommer. Das habe damit zu tun, dass viele Gäste auch für ein Wochenende in den Kaiserwinkl kommen. Die Grenznähe zu Bayern und der Millionenmetropole München machen das möglich. „Achtzig Prozent unserer Gästenächtigungen lukrieren wir aus Deutschland, davon dreißig Prozent aus dem bayerischen Raum“, zählt Schönwälder auf. Im Winter setzt man im Kaiserwinkl auf Gemächlickeit. „Wir bieten uns als Langlaufdestination und Genuss-Skilaufregion mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis für die junge Familie und Wiedereinsteiger an.“ Das komme ebenfalls bei den deutschen Gästen am besten an. „Die zweite Position ist bei uns nicht direkt vergeben“, so Schönwälder. Der österreichische Markt rittert im Kaiserwinkl im Sommer und Winter nämlich mit den Niederländern, den Belgiern, den Tschechen und
Polen.