Die unterschätzte Wertschöpfung
Dort, wo viele Gäste absteigen, profitiert die regionale Wirtschaft am meisten, lautet ein scheinbar logischer Schluss. Allerdings hält diese Aussage bei genauerer Betrachtung nicht den Tatsachen stand. Wieso das so ist, erklärt eine aktuelle Studie der in Innsbruck ansässigen Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung (GAW). Dort wurde nämlich nicht nur die direkt erzielte Wertschöpfung des Tourismus untersucht, sondern auch indirekte sowie induzierte Effekte, die der Tourismus auf andere Branchen hat.
„Nächtigungskaiser sind nicht immer die Wertschöpfungskaiser.“
Stefan Saigner
Was ist damit gemeint? Indirekte Effekte bestehen dann, wenn etwa ein Hotelier aus dem Ötztal eine Werbeagentur in Innsbruck beauftragt, die neuen Speisekarten zu gestalten und zu drucken. Induzierte Effekte gibt es dann, wenn etwa der Koch aus dem Zillertal in die Stadt zum Essen fährt. Die GAW hat sich Tirol und Salzburg angesehen. Tirol verzeichnete 2017 47,9 Millionen Nächtigungen (bei einer Aufenthaltsdauer von 4,1 Nächten), Salzburg 28,3 Millionen (bei einer Aufenthaltsdauer von 3,7 Nächten), womit die beiden Bundesländer in Summe rund 50 Prozent aller Nächtigungen in Österreich auf sich vereinen. In der Vergangenheit wohl Grund genug, den beiden Bundesländern das Prädikat „Tourismusland“ zu verleihen.
Bedeutung für Regionen
Die Ergebnisse für Tirol sind nun publik. Und durchaus aufschlussreich. Demnach profitieren die kleinen Tourismusregionen überproportional stark von den Nächtigungen der Tourismus-Hochburgen. Studienautor Stefan Haigner zur ÖGZ: „Wir zeigen zudem, welche Bedeutung der Nächtigungstourismus auf Ebene der Tourismusverbände hat und zwar in Bezug auf Wertschöpfung, Beschäftigung und Einkommen.“
Wie die Abbildung zeigt, führt „Innsbruck und seine Feriendörfer“ das Feld mit großem Abstand an. Konkret ist der gesamte Wertschöpfungseffekt für „Innsbruck und seine Feriendörfer“ 1,18 Milliarden Euro für die Saisonen Sommer 2017 und Winter 2017/18 und damit fast dreimal so hoch wie im Ötztal mit 409 Millionen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass „Innsbruck und seine Feriendörfer“ sehr stark über den Umweg der indirekten und induzierten Effekte vom gesamten Tiroler Nächtigungstourismus profitieren. Gemessen an der direkten Bedeutung liegen „Innsbruck und seine Feriendörfer“ hinter dem Ötztal, und damit im Bereich von „Paznaun – Ischgl“ oder „Serfaus – Fiss – Ladis“. Ein ähnlicher Effekt lässt sich für die „Silberregion Karwendel“ feststellen, die mit einer direkten Wertschöpfung von lediglich 32 Millionen Euro deshalb unter die Top 10 kommt, da die Silberregion indirekt und induziert zusätzlich mit knapp 200 Millionen Euro vom Nächtigungstourismus profitiert. Damit ist aber für die Silberregion die indirekte und induzierte Bedeutung des Nächtigungstourismus sechsmal so hoch wie der Nächtigungstourismus selbst. In der direkten Wertschöpfung liegt die Silberregion hingegen auf Platz 29 von 34.
Vor diesem Hintergrund wäre es laut Studienautor Haigner nur konsequent, wenn man in der Darstellung der Branche weg von der reinen Nächtigungsbetrachtung und hin zur regionalwirtschaftlichen Wertschöpfungsbetrachtung gehen würde. „Und zwar egal, ob das den Tourismus allgemein betrifft, Kultureinrichtungen wie die Salzburger Festspiele, sportliche Großveranstaltungen oder touristische Infrastruktureinrichtungen wie Skigebietszusammenschlüsse“, so Haigner weiter.