Interview
Nachhaken, drängen und weitermachen
ÖGZ: Frau Staatssekretärin, Sie sind vor über zwei Jahren recht euphorisch in den neuen Job gestartet. Haben Sie noch immer Freude an Ihrer Arbeit?
Susanne Kraus-Winkler: Ja, durchaus. Im Gegenteil, ich sehe immer mehr Aufgaben und Möglichkeiten. Die letzten zweieinhalb Jahre haben eine Dynamik und ein neues Netzwerkdenken ausgelöst. Es ist so viel passiert, dass man jetzt darauf aufbauen und weiter agieren könnte. Es gibt ein neues Verständnis auf allen Ebenen, dass Zusammenarbeit unerlässlich ist, weil es einfach zu viele Themen gibt, die eine perfekte Koordination erfordern.
Welche Themen meinen Sie?
Das betrifft einerseits die Bundesebene als tourismuspolitisch Verantwortliche für das Gesamtbild, andererseits die Destinationen und Regionen, die ihre Programme darauf abstimmen. Und natürlich die Betriebe, die ihre Investitionen und Angebote entsprechend anpassen müssen. In dieser abgestuften Koordinierung sollte man jetzt intensiv weiterarbeiten. Es gibt viele Themen, bei denen wir gute Weichen gestellt haben, die aber noch im Prozess stecken und unbedingt weitergeführt werden müssen, damit wir unsere Ziele erreichen. Dazu gehört die Nachhaltigkeit, aber auch die Digitalisierung, bei der wir große Fortschritte gemacht haben.
Wie sehen Sie die Rolle der Österreich Werbung in diesem Kontext?
Die Österreich Werbung hat sich stark verändert. Ich bin der Meinung, dass sie so schnell wie möglich einen neuen Namen braucht, da sie keine klassische Werbung mehr macht. Sie betreibt Kommunikations- und Innovationsarbeit.
Welche Themen sollte man noch angehen?
Es gibt viele Themen, vor allem im Bereich der Ausbildung. Wir müssen in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium und der Wirtschaftskammer neue Wege in der Lehrlingsausbildung gehen, insbesondere in der Qualität der Berufsschulausbildung. Es stellt sich die Frage, ob wir wirklich in jedem Bundesland eine Berufsschule für alle Tourismus-Berufe brauchen. Früher wurden Berufsschulen oft in entlegene Regionen gesetzt, um diese zu beleben. Heute ist es jedoch schwierig, junge Leute und qualifizierte Lehrer dorthin zu bekommen, und es fehlen oft auch ausreichend Betriebe, die als Partner fungieren könnten.
Viele Menschen nehmen Sie nicht als Politikerin wahr, sondern eher als Lobbyistin für den Tourismus.
Ich bin Regierungsmitglied, aber keine klassische Politikerin. Meine Rolle ist es, auf politischer Ebene Tourismuspolitik zu gestalten. Ich arbeite an der Entwicklung von Strategien und setze mich politisch für die richtigen Themen und ein besseres Verständnis ein. Gleichzeitig kooperiere ich intensiv mit der Branche.
Wie sehen Sie Tourismuspolitik in der Zukunft?
Tourismuspolitik auf Bundesebene erfordert Management-Fähigkeiten und gezieltes Lobbying. Ein anschauliches Beispiel ist das Thema Camping. Auf Landesebene habe ich nur begrenzte Eingriffsmöglichkeiten, aber ich kann Prozesse moderieren und anstoßen, Netzwerke schaffen und Plattformen dafür bereitstellen.
Politische Prozesse sind wie Dauer-Camping, sie benötigen viel Zeit. Ist das nicht frustrierend?
Ich bin lange genug im Tourismus, um zu wissen, dass die Dynamik, die man im unternehmerischen Bereich hat, nicht immer auf der politischen Ebene erreicht werden kann. Bei manchen Themen kommen wir schnell voran, bei anderen gestaltet es sich zäh.
Also doch frustrierend?
Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Herangehensweisen können frustrierend sein. Aber es erfordert Hartnäckigkeit, und man darf die Themen nicht aus den Augen verlieren. Man muss immer wieder nachhaken, drängen und weitermachen. Eine der wichtigen Aufgaben der Zukunft wird es sein, dass es jemanden gibt, der auf tourismuspolitischer Ebene die wichtigen Themen mit viel Engagement, Vehemenz und Ausdauer vorantreibt.
Waren Sie beim Thema Arbeitsmarkt in Ihren Forderungen vehement genug?
Ja, ich denke schon. Eines der Hauptanliegen war die Anhebung der Saisonier-Kontingente. Ein weiteres zentrales Thema war die Erleichterung der Rot-Weiß-Rot-Karte. Dabei sind wir deutlich vorangekommen. Wenn man sich die aktuellen Zahlen ansieht: Von Januar bis Juli wurden 1.872 Rot-Weiß-Rot-Karten im Tourismus vergeben. Zum Vergleich: Im gesamten letzten Jahr waren es nur 1.064 und im Jahr davor 348. Das zeigt, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte angenommen wird. Diese Karte ist jedoch für Fachkräfte mit Ganzjahresbeschäftigung gedacht. Daher überlegen viele Betriebe nun, auf eine Ganzjahresöffnung umzustellen, was ein Schritt in die richtige Richtung ist – wenn auch nicht der einzige.
Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Wenn ich in einem Jahr anrufe, glauben Sie, dass Sie mir dann noch als Staatssekretärin gegenübersitzen? Würden Sie das gerne weitermachen?
Was ich auf jeden Fall machen möchte, ist in irgendeiner Funktion daran mitzuarbeiten, dass die wichtigen Themen weiter vorangebracht werden. Wie es politisch weitergeht, ist schwer vorhersehbar. Das Amt der Staatssekretärin ist sehr zeitintensiv und muss auch in die persönliche Lebensplanung passen.
Passt das in Ihre weitere Lebensplanung?
Bisher hat es gepasst. Ob es auch in Zukunft so sein wird, kann ich jetzt noch nicht sagen.