KOLUMNE

Warum Chefs "dienen" sollten

Kolumne
12.04.2022

Andrea Lehky schreibt für uns laufend über Management. Diesmal darüber, was man sich ausgerechnet von einem einst unbeliebten Deutschen abschauen kann.
Alleinherrscher oder Diener?

Der Chef schafft an. Wer sonst? Der Mitarbeiter womöglich? So schlimm wird es nicht. Aber alle, die keine Leute finden, sollten sich das Konzept der „Dienenden Führung“ anschauen. In Deutschland verbindet man es mit Bodo Janssen, dem einst höchst unbeliebten Juniorchef der Upstalsboom-Hotelgruppe. Keiner mochte den arroganten Schnösel (Stichwort Unterhosenmodel), das kam in einer Mitarbeiterbefragung zum Ausdruck. Janssen zog sich ins Kloster zurück und kehrte geläutert wieder (das sagen wir ohne Zynismus). 

Fortan fragte er seine Leute, was sie brauchten, um im Job glücklich zu sein. Eine Fortbildung? Eine Umschulung? Oder bloß mehr Kaffeelöffel, weil die vorhandenen ständig im Geschirrspüler waren? Janssen hörte zu. Was möglich war, setzte er um. Er setzte sehr viel um, er war ja der Chef. Seine Leute begannen ihn zu mögen, weil er ihnen half, sich zu verwirklichen. Ein Zimmermädchen ist jetzt Rezeptionistin, ihr Lebenstraum. Fröhlich lacht sie nun die Gäste an, die lachen fröhlich zurück und kommen nächstes Jahr wieder. Den Chef lachte sie jetzt auch an. Und wenn sie nicht gestorben sind …

Die Rechnung geht tatsächlich auf. Janssens Schmäh ist simpel: Frage deine Leute, was sie brauchen. Der „Servant Leader“ (Englisch klingt es noch besser) gibt immer noch die Richtung vor. Er erteilt immer noch Anweisungen. Aber er bestimmt nicht mehr, wie etwas zu erledigen ist. Er unterstützt, wo er kann, und vertraut darauf, dass seine Leute selbst am besten wissen, wie sie ihren Job tun. Er vertraut ihnen, sie vertrauen ihm. Und dem Patriarchen vom Hotel nebenan schnappt er die besten Leute weg.