Getränke: Auf die Inszenierung kommt es an
Sie sind Erlebnis, Umsatztreiber und Visitenkarte für Betriebe. Die ÖGZ bietet praxisnahe Impulse zu Beratung, Weinkarte und Foodpairing.

Noch nie war die Getränkewelt so vielfältig, so überraschend und so entscheidend für den Erfolg in der Gastronomie. Die ÖGZ bietet deshalb praxisnahe Werkzeuge für den Alltag: Wie ein Quicktool mit fünf einfachen Fragen Beratungsgespräche erleichtert. Wie eine klar strukturierte Weinkarte Kompetenz signalisiert und Lust auf Entdeckungen macht. Wie modernes Foodpairing die klassische Wirtshausküche weltoffen neu interpretiert.
Wer Getränke nicht nur ausschenkt, sondern inszeniert und erklärt, verwandelt den letzten Schluck in den ersten Grund zum Wiederkommen.
Zwischen Knödel und Kombucha
Foodpairing hat sich in den letzten Jahren von einer kulinarischen Spielerei zu einem festen Bestandteil der Gastronomie entwickelt. Gäste erwarten heute keine Standardformeln wie „Weißwein zum Fisch“ oder „Rotwein zum Fleisch“. Sie möchten überrascht werden – durch stimmige, kreative Kombinationen, die handwerklich fundiert und zugleich weltoffen gedacht sind. Gerade die österreichische Wirtshausküche bietet dafür eine hervorragende Basis: vertraute Gerichte, die durch internationale Einflüsse und die passende Getränkebegleitung neu interpretiert werden können.
Neuorientierung statt starrer Regeln
Entscheidend ist nicht, ob auf dem Etikett Grüner Veltliner oder Blaufränkisch steht, sondern wie der Wein im Glas wirkt. Die Stilistik – also Säure, Körper, Tannin, Ausbau oder Reife – bestimmt, ob ein Pairing gelingt. Moderne Gastronomie arbeitet daher mit Grundsätzen, die sich auf jede Karte übertragen lassen:
Balance der Intensität: Leichte Speisen harmonieren mit leichten Getränken, kräftige Gerichte mit strukturstarken Begleitern.
Kontrast nutzen: Süße gegen Schärfe, Säure gegen Fett – Gegensätze schaffen Spannung.
Aromen in Resonanz bringen: Gemeinsame Komponenten in Speise und Wein verstärken sich.
Textur & Temperatur bedenken: Knusprig, cremig, warm, kühl – Pairing ist multisensorisch.
Regionalität zeitgemäß interpretieren: Vertraute Küche bleibt die Basis, internationale Impulse sorgen für Frische.
Trends: Regional, alkoholfrei, weltoffen
Foodpairing entwickelt sich stetig weiter. Besonders relevant sind heute zwei Strömungen:
Alkoholfreie Begleitungen: Früher bedeutete „alkoholfrei“ Mineralwasser. Heute gehören Verjus-Spritzer, Tees, Kombucha oder entalkoholisierte Schaumweine selbstverständlich dazu. Sie sind keine Ersatzlösungen, sondern eigenständige Pairings mit klarer sensorischer Logik.
Regionalität und Nachhaltigkeit: Saisonale Zutaten und Getränke aus der Umgebung schaffen Authentizität und setzen ein klares Statement. Ein Kürbisgericht mit einem frischen Wein aus der Region erzählt eine andere Geschichte als ein importiertes Produkt. Foodpairing wird so auch zu einem Kommunikationsmittel für Herkunft und Haltung.
Balance – leicht mit leicht, kräftig mit kräftig
Kontrast – Säure gegen Fett, Süße gegen Schärfe
Resonanz – gleiche Aromen verstärken sich
Textur/Temperatur – knusprig mit spritzig, warm mit kalt
Regionalität – vertraut und weltoffen
5 Fragen – ein Quicktool für kompetente Beratung
Praktisch, inklusiv, authentisch – so wird jede Empfehlung zum passenden Erlebnis
Gäste sind heute individueller denn je. Manche suchen unkomplizierten Trinkfluss, andere ein besonderes Erlebnis. Manche achten auf Preis und Alkohol, andere auf regionale Authentizität. Für die Gastronomie gilt: Es braucht keine langen Gespräche, sondern wenige smarte Fragen, um das richtige Getränk zu empfehlen. Dieses Quicktool bietet fünf klare Leitfragen – leicht zu merken, flexibel einsetzbar und in der Praxis sofort anwendbar.
Erlebnis oder Begleitung?
Soll das Getränk im Mittelpunkt stehen oder einfach nur harmonisch begleiten? Wer „Begleitung“ sucht, freut sich über frische, stimmige Weinstile, elegante Biere oder einen belebenden Verjus-Spritzer. Wer „Erlebnis“ wählt, möchte ein Statement im Glas – etwa einen gereiften Wein, einen Natural Wine oder einen charaktervollen Schaumwein. Diese Frage klärt gleich zu Beginn, wie viel Bühne das Getränk bekommen darf.
Vertraut oder neu?
Viele Gäste wissen intuitiv, ob sie heute etwas Bewährtes oder etwas Überraschendes wollen. „Vertraut“ bedeutet: Klassiker wie Grüner Veltliner zum Schnitzel oder ein Pils zum Braten. „Neu“ heißt: Orange Wine, ein Kombucha-Spritzer oder eine kreative Tee-Infusion. Schon diese einfache Frage öffnet Türen – und macht die Empfehlung spannend, ohne belehrend zu wirken.
Frische oder Fülle?
Eine kurze, präzise Orientierung: „Frische“ steht für spritzig, säurebetont, leicht – perfekt zu Salaten, Vorspeisen oder vegetarischen Gerichten. „Fülle“ bedeutet Struktur, Cremigkeit, Tannin oder Alkohol – passend zu Fleisch, Pilzen oder Ragouts. Wer diese Wahl abfragt, findet schnell die richtige Balance zwischen Essen und Getränk – und vermeidet Missverständnisse.
Mit oder ohne Alkohol?
Alkoholfrei ist längst kein Ersatz mehr, sondern ein eigenständiges Genussfeld. Entalkoholisierte Schaumweine, Kombucha, Shrubs oder Tees bieten heute ebenso viel Vielfalt und Charakter wie klassische Wein- oder Bierstile. Wer Alkohol möchte, hat die volle Bandbreite an Optionen. Wer alkoholfrei wählt, entscheidet sich nicht für „weniger“, sondern für ein gleichwertiges, eigenständiges Geschmackserlebnis – sorgfältig ausgewählt und kombiniert.
Unkompliziert oder besonders?
Der Preis muss nicht direkt angesprochen werden – die Formulierung „Unkompliziert oder besonders?“ reicht. „Unkompliziert“ bedeutet: erschwinglich, alltagstauglich, ohne große Inszenierung. „Besonders“ heißt: bewusst mehr investieren – sei es für Reserveweine, Vintage-Schaumweine oder ein gereiftes Craft-Bier. So wird das Budget elegant eingebunden, ohne dass das Gespräch unangenehm wirkt.
Diese fünf Fragen sind kein starres System, sondern eine praktische Orientierungshilfe. Sie helfen, Gäste schnell zu verstehen, passende Getränke vorzuschlagen und Vielfalt sichtbar zu machen. Ob im Wirtshaus, im Fine Dining oder an der Bar – mit „Erlebnis oder Begleitung? Vertraut oder neu? Frische oder Fülle? Mit oder ohne Alkohol? Unkompliziert oder besonders?“ hat jede:r Mitarbeiter:in einen klaren Leitfaden, der Empfehlungen sicher, zeitgemäß und sympathisch macht.

Weinkarte reloaded: So wird die Weinkarte
zur Visitenkarte des Betriebs
Die Weinkarte ist weit mehr als eine Liste von Flaschen: Sie ist Aushängeschild, Umsatzmotor und Teil der Restaurantidentität. Während oft noch nach Farben oder Rebsorten sortiert wird, zeigen anschauliche Beispiele, dass eine gelungene Karte vor allem klar, aktuell und durchdacht sein muss. Gäste entscheiden häufig schon mit einem Blick, ob sie sich gut aufgehoben fühlen und ob das Angebot zum Betrieb passt.
Pflicht und Zusatzangaben
Unverzichtbar sind die gesetzlichen Pflichtangaben wie Preis, Ausschankmenge und Allergenhinweis. Sie sorgen für Transparenz und Rechtssicherheit. Erst durch weitere Angaben – etwa Jahrgang, Produzent, Rebsorte oder Hinweise auf Zertifikate – wird eine Karte professionell. Solche Details geben Orientierung, schaffen Vertrauen und verhindern Enttäuschungen.
Eine gute Weinkarte führt die Gäste intuitiv. Ob nach Herkunft, nach Stilistik oder nach Menübegleitung gegliedert – entscheidend ist eine nachvollziehbare Ordnung, die den Blick lenkt. Internationale Spitzenrestaurants zeigen, dass weniger oft mehr ist: fünf bis sieben Positionen pro Abschnitt reichen völlig aus, um Auswahl zu bieten, ohne zu überfordern. Symbole oder Icons – etwa für Bio, vegan, Raritäten oder auch „glasweise erhältlich“ – machen die Auswahl zusätzlich übersichtlich. Entscheidend ist nicht das Modell an sich, sondern dass es konsequent durchgehalten wird, zum Betrieb passt und Gästen ein Gefühl von Klarheit und Sicherheit vermittelt. Zu lange Listen wirken beliebig, eine pointierte Selektion signalisiert Kompetenz und Individualität.
Sortiment mit Konzept
Die Weinauswahl spiegelt die Küchenphilosophie. Ein Landgasthof braucht andere Positionen als ein Fine-Dining-Betrieb, ein urbanes Wirtshaus wiederum ein anderes Sortiment als ein Hotelrestaurant. Erfolgreiche Karten schaffen Balance: Klassiker für Sicherheit, spannende Entdeckungen für Neugier, Regionalität für Authentizität und internationale Weine für Weitblick. Saisonale Anpassungen – leichte Sommerweine oder Kräftiges zur Wildsaison – halten die Karte lebendig und stimmig zum kulinarischen Angebot.
Neben Information ist die Karte ein zentrales Steuerungsinstrument. Eine kluge Preisstaffelung lenkt Gäste in die Mitte der Auswahl: ein attraktiver Einstieg, ein starkes Kernsegment und ein Premium-Bereich für besondere Anlässe. Glasweise Angebote senken die Hemmschwelle zum Probieren und geben Impulse für den Umsatz. Gerade jüngere Gäste lassen sich so leichter für neue Stile begeistern, während Stammgäste gerne „ihren“ Wein wiederfinden. Eine durchdachte Karte motiviert damit nicht nur zum Bestellen, sondern auch zum Wiederkommen.
Aktualität und Glaubwürdigkeit
Nichts ist für Gäste unangenehmer, als einen Wein zu bestellen, der nicht mehr verfügbar ist. Eine professionelle Karte ist daher immer aktuell: Preise, Jahrgänge und Bestände müssen regelmäßig überprüft werden. Auch die Kalkulation sollte laufend angepasst werden, damit Einkauf und Verkauf im richtigen Verhältnis bleiben. Wer hier nachlässig ist, riskiert an Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Emotion statt Floskeln
Eine Weinkarte darf mehr sein als eine Aneinanderreihung von Namen. Kleine Hinweise zu Herkunft, Produzenten oder Besonderheiten machen die Auswahl lebendig. Wichtig ist eine Sprache, die informativ bleibt und nicht in leere Phrasen abgleitet. Begriffe wie „samtig“ oder „edel“ helfen niemandem bei der Entscheidung. Klare Beschreibungen mit Mehrwert schaffen hingegen Vertrauen und liefern Gesprächsstoff. Gäste spüren, ob eine Karte mit Leidenschaft gestaltet wurde – und genau das macht sie authentisch.
- Pflichtangaben fehlen
- Karte ist zu lang oder unübersichtlich
- Veraltete Jahrgänge oder nicht verfügbare Weine
- Unklare Gestaltung
- Keine erkennbare Linie im Sortiment
Text: Manuela Prieth