Hotels für Menschen, nicht für Sterne
Der Hotelmarkt ist voller Chancen – wenn man bereit ist, Konventionen zu brechen. Ein Gespräch mit Michael Widmann, Global CEO der PKF hospitality group. Mit Podcastfolge!

Es ist kaum vorstellbar: Noch vor 20 Jahren wurde Budgethotellerie in Österreich als unvereinbar mit der hiesigen Gastfreundschaft angesehen. Widmann erinnert sich an das erste Projekt in Graz – das Hotel Daniel – als „kulturellen Tabubruch“. Damals hagelte es Kritik, nicht nur wegen des unkonventionellen Standorts, sondern weil allein die Erwähnung eines Check-in-Automaten an Rezeptionen als Affront gegen traditionelle Werte galt.
Heute ist in vielen 5-Sterne-Häusern Standard. Widmanns Fazit: „Was international funktioniert, kommt irgendwann auch zu uns.“ Die Globalisierung verändert eben auch Gästeerwartungen – und macht an nationalen Grenzen keinen Halt.
Der Markt ist nie gesättigt
Wird das preiswerte Segment nicht längst überrannt? „Nein“, sagt Widmann entschieden. Das Problem sei nicht das Überangebot – sondern die Einfallslosigkeit. „Budget heißt nicht langweilig. Es braucht leistbare Hotels mit Charakter.“
Sein Erfolgsrezept: Wow-Effekt und Leistbarkeit. Motel One etwa kombiniere ein standardisiertes Zimmer mit hochwertigen öffentlichen Bereichen – ein Konzept, das Gäste bindet und überrascht. Widmann fordert einen radikalen Perspektivwechsel: „Hotels werden nicht für die Gäste gebaut, sondern für die lokale Bevölkerung.“ Der Erfolg von Häusern wie 25hours oder Hoxton in Wien zeigt: Wer die Community erreicht, schafft Atmosphäre – und zieht Reisende automatisch an. Lobbys, Rooftop-Bars, Restaurants – das sind die neuen Aushängeschilder der Hotellerie.
F&B spiele dabei die Schlüsselrolle. Nicht Fine Dining um seiner selbst willen, sondern zugängliche, lässige Gastronomie. Auch Servicequalität sei wichtig, aber nicht allesentscheidend: „Am Ende zählt, ob ich eine gute Zeit habe.“

Preisentwicklung: Kein Grund zum Jammern
Entgegen der oft zitierten Klage vieler Betriebe seien die Preise in der Hotellerie „deutlich über die Inflation hinaus gestiegen“, so Widmann. Das Problem liege nicht auf der Einnahmenseite, sondern bei den Kosten – Personal, Energie, Abgaben.
Seine Antwo

rt: strukturelle Effizienz. Vom Verzicht auf tägliche Zimmerreinigung bis hin zur digitalen Speisekarte – viele Prozesse müssten hinterfragt werden. „Was dem Gast dient, bleibt. Was nur der Tradition folgt, muss weg.“
Wenn Widmann heute ein Hotel entwickeln würde? „Ein Lifestyle-Ferienhotel am Semmering. Kein Luxus, aber cool, leistbar und mit Seele.“ Die Erfolgsfaktoren: kleine Zimmer, starke öffentliche Bereiche, gute Gastronomie – ein Konzept, das auch auf Mallorca (Hotel Bikini) bereits erfolgreich läuft.
Die Branche, so Widmann, müsse mutiger werden. Es fehle nicht an Nachfrage, sondern an Vielfalt. Patchwork-Familien, Gruppenreisende, jüngere Zielgruppen – „wir haben ein banales Angebot für eine differenzierte Nachfrage.“ Seine Botschaft an Entwickler und Betreiber: Habt den Mut, bestehende Standards zu hinterfragen. Die besten Hotels sind nicht die teuersten, sondern die relevantesten.