Zukunft

Die große ÖGZ-Trendvorschau 2022

Management
03.02.2022

Von: Jasmin Kreulitsch
Lockdowns, Lockerungen, Lieferservice: Die Pandemie hat unser Konsum- und Essverhalten nachhaltig geprägt. Alles sieht danach aus, als würde Corona auch dieses Jahr in der Branche mitentscheiden. Was kommt, was geht, was bleibt? Ein Blick auf die Trends 2022
Ein Küchenchef mit tätowierten Unterarmen richtet Salat auf einem schwarzen Teller mit der Pinzette an.
Ein Küchenchef mit tätowierten Unterarmen richtet Salat auf einem schwarzen Teller mit der Pinzette an.

Die neue Normalität

Bestellungen für zu Hause statt im Restaurant, gesperrte Gastro-Bereiche, Kontrollen von Impfzertifikaten und Tests: Die Corona-Krise hat langfristig den Gastronomiealltag und das Konsum- und Essverhalten der Kunden verändert. Was früher undenkbar war, fühlt sich im dritten Jahr der Pandemie fast normal an – und genau diese „neue Normalität“ bleibt 2022 erhalten. Die Gastronomiebranche muss sich den veränderten Bedürfnissen der neuen Normalität anpassen: mit Flexibilität, Kreativität und Geduld.

Unsicherheit wird bleiben

Kein Experte kann verlässlich voraussagen, wie sich die Pandemie 2022 entwickeln wird. Deshalb bleibt auch im neuen Jahr Unsicherheit. Corona-Infektionszahlen und eventuelle Lockdowns werden den Alltag der Branche bestimmen. Diese Verunsicherung führt fast automatisch zu Stornierungen, was den Gastronomen auch 2022 eine große Flexibilität abverlangt.

Nachholbedarf ist groß

Die gute Nachricht ist, dass der Nachholbedarf der Kunden groß ist und die Lust auf Restaurantbesuche im Laufe des Jahres steigen wird. Dazu kommt, dass die Impfquote zunimmt. Ein großer Teil der Menschen hat sich an die Pandemie gewöhnt und gelernt, mit dem Virus zu leben, sodass 2022 Chancen bestehen, dass sich die Branche erholen kann.

Lieferdienste bleiben

Was schon 2021 ein Trend war, geht 2022 weiter: Das Liefern von Speisen und Getränken bleibt ein fixer Bestandteil der Branche. Denn auch wenn Betriebe mittlerweile wieder geöffnet haben, lässt sich ein Großteil das Essen regelmäßig nach Hause liefern. Der weltweite Delivery-Markt wird bis zum Jahr 2023 voraussichtlich einen Wert von 154,34 Milliarden US-Dollar erreichen.

Kontrollen von Impfzertifikaten

Die Teilnahme am öffentlichen Leben ist ohne eine Impfung an vielen Orten kaum noch möglich. Das bedeutet für 2022, dass es Ungeimpfte schwerer haben werden. Gastronomen werden sich auch im dritten Jahr der Pandemie mit der Einhaltung von Regierungsverordnungen beschäftigen und vor allem korrekte Kontrollen von Impfzertifikaten durchführen müssen. Kunden brauchen Sicherheit vermittelt. 

Ghost Kitchens

Delivery ist der eine Trend, Ghost Kitchen der andere: Durch den rasanten Anstieg der Essenslieferungen gewinnen reine Lieferrestaurants an Bedeutung. Da der Betrieb nicht an Sitzplätze und Belegungen gebunden ist, ist der Kostenfaktor geringer als bei traditionellen Restaurants, zudem fallen Miete für Sitzbereiche, Einrichtung, Ausstattung und Servicepersonal weg. 

Sicherheit und Hygiene in der Gastronomie

Sorgen um Sauberkeit und Hygiene gehören zur neuen Normalität und gehen auch 2022 in den Alltag über. Ein transparentes Hygienekonzept ist jetzt umso mehr ein wichtiger Faktor für die Entscheidung eines Kunden, ein Restaurant zu besuchen. Laut einer OpenTable-Studie gaben 72 % der Befragten an, dass sie sich nach einer Pandemie durch strenge Reinigungsvorschriften in Restaurants sicherer fühlen würden.

Veränderte Raumnutzung in Lokalen

Die rasante Zunahme des Delivery-Geschäfts in Kombination mit geschlossenen Betrieben und leeren Räumen führt immer mehr zu einer veränderten Raumnutzung. Experten sagen voraus, dass es 2022 zu einem Umdenken kommen könnte – und Gastronomen die Raumaufteilung ihrer Betriebe überdenken. So gibt es jetzt schon Restaurants, die ihren Full-Service-Bereich verkleinern und stattdessen Platz für eine größere Küche schaffen.

Kampf gegen Müll und Lebensmittelverschwendung

Zero Waste und der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung bleiben die wichtigsten Trends 2022. Maßgeblich dazu beigetragen hat die Corona-Pandemie, die bei Kunden zu einem Umdenken des Konsumverhaltens geführt hat. Das Verbot von Einwegplastik wie Strohhalmen, Geschirr und Besteck war der erste Schritt, Plattformen wie Too Good To Go, auf denen Gastro-Betriebe ihr übrig gebliebenes Essen zu einem reduzierten Preis anbieten können, der zweite. In Zukunft werden Gastronomiebetriebe noch mehr Lösungen entwickeln müssen, um Müll und Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. 

Local Exotics

Es klingt paradox, trifft aber den Geschmack der Zeit: Obwohl regionale und saisonale Produkte immer mehr im Trend liegen, gibt es 2022 eine große Nachfrage nach exotischen Genüssen. Dieses Phänomen wird als Local Exotics bezeichnet und meint Obst- und Gemüsesorten, die ursprünglich aus weit entfernten Ländern stammen. Der Trend geht aber nicht in Richtung Import, sondern Anbau: In Österreich gibt es bereits Reis oder Ingwer in der Steiermark, Artischocken in Kärnten oder Wasabi im Burgenland.

Real Omnivore

Die Antithese zu VeganerInnen ist der Real Omnivore: Der „wahre Allesesser“ kasteit sich nicht und verzichtet auf Lebensmittel, sondern ist besonders aufgeschlossen. Der Gedanke dahinter ist es, eine verantwortungsvolle Esskultur zu pflegen und wirklich alles zu essen, insbesondere auch jene Produkte, die oft stiefmütterlich behandelt werden wie Innereien, In-vitro-Fleisch oder Insekten. 

Vegourmet

Die Nachfrage nach vegetarischer und veganer Ernährung ist in der Pandemie gestiegen und wird auch 2022 wichtig bleiben. Dieser „Vegourmet“-Trend wird laut Food-Expertin Hanni Rützler von den Jungen angeschoben. Der Anteil an Flexitariern steigt, also von Menschen, die Fisch- und Fleischprodukte nur ab und zu in ihren Speiseplan einbauen, dafür aber in guter Qualität. Laut einer Untersuchung von Bloomberg Intelligence soll der weltweite Markt für pflanzliche Produkte von 30 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 bis 2030 auf 160 Milliarden US-Dollar anwachsen.

Unsere Vorhersagen für 2021 – und was daraus wurde

Das ist eingetroffen:

  • Das Take-away-Geschäft wird noch mehr wachsen

Die Lieferando-Mutter Just Eat Takeaway hat trotz Wiedereröffnungen von Restaurants mehr umgesetzt. Konzernweit ging die Zahl der Bestellungen im dritten Quartal 2021 um ein Viertel auf 266 Millionen nach oben.

  • Nachhaltige Verpackungen gewinnen 2021

Nach einer Mintel-Studie zum Thema Take-away und Lieferservices sind 72 % der Verbraucher bereit, Pfand für wiederverwendbare Behälter zu zahlen, über ein Drittel achtet darauf, nicht bei Restaurants zu bestellen, die schwer zu recycelnde Verpackungen nutzen. In Deutschland sind Gastronomen ab 2023 verpflichtet, Speisen zur Mitnahme oder Lieferung auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Und auf der Internorga gibt es 2022 erstmals einen Ausstellungsbereich mit Trends zu Delivery und Packaging.

  • Social Media wird wichtiger

Laut einer Studie von Bitkom begannen 75 %, soziale Netzwerke seit Corona aktiver zu nutzen, dadurch stieg auch die Nachfrage nach digitalen Kommunikationskanälen von Gastronomen. Am wichtigsten in der Branche ist nach wie vor Facebook.

  • Healthy Food ist immer gefragter

Siehe Trend Vegourmet.

  • Kreativität bei den Lebensmitteln ist gefordert

Siehe Trends Local Exotics und Real Omnivore.

  • Außenbereiche sind enorm gefragt

Die Pandemie hat verdeutlicht, wie wichtig es ist, eine Bewirtung im Freien bei jeder Wetterlage zu ermöglichen. 

  • Kein Alkohol ist 2021 eine Lösung

Laut WHO gab es 2021 wegen der Pandemie einen Rückgang des Alkoholkonsums. Die Sober-Curiosity-Bewegung bleibt also und alkoholfreie Alternativen werden immer wichtiger.

  • Meal-Kits sind auf dem Vormarsch

So hat beispielsweise der Kochboxen-Lieferant Hello Fresh seinen Umsatz im Jahr 2021 zwischen 57 und 62 Prozent erhöht.

  • Exotische Küche als Reiseersatz ist gefragt

Siehe Trend Local Exotics.

Das ist nicht eingetroffen:

  • Cocktails to go gewinnen an Stärke

Cocktails to go gibt es zwar, ein Trend ist aber nicht daraus geworden.