„Der Spaß steht im Vordergrund“

22.07.2010

XXL-Lokale – in Deutschland seit Jahren ein Renner – werden langsam auch in Österreich zum Trend. Mit Sparsamkeit in Zeiten der Wirtschaftskrise hat der Trend nichts zu tun.
Wer ein XXL-Lokal betritt sollte wissen, worauf er sich einlässt

Die ersten derartigen Gastrobetriebe gibt es schon seit langer Zeit in den USA, und so billig sind die Gerichte meist auch nicht. Vor etwa zehn Jahren ist die Welle der XXL-Lokale nach Deutschland geschwappt. Ob tellergroße Steaks, Riesenschnitzel, Megaburger oder die längste Bratwurst der Welt – immer öfter ist die Portionsgröße, zu wissen, dass man das Servierte unter keinen Umständen aufessen kann, das wichtigste Kriterium für einen Lokalbesuch. Im Vordergrund steht meist auch weniger der Hunger, sondern Gaudi und Fun. XXL-Essen ist ein Erlebnis mit Freunden, deshalb bezeichnet sich dieser Branchenzweig auch als Erlebnisgastronomie.
In Österreich sind XXL-Lokale derzeit noch eher spärlich vertreten, die ÖGZ hat drei von ihnen genauer unter die Lupe genommen:


Top-Qualität wichtig

Das laut Eigendefinition älteste XXL-Lokal Österreichs ist die Leopoldauer Alm in Wien 22. „Riesige Portionen gibt es bei uns schon seit 15 Jahren. Damals hat man den Ausdruck ‚XXL‘ dafür noch gar nicht gekannt", so Leopoldauer-Alm-Geschäftsführer Christian Pircher, dessen Familie das Lokal gegründet hat. „Große Portionen zu einem guten Preis und das Ganze kulinarisch hochwertig in Top-Qualität – so funktioniert ein Gasthaus." Top-Qualität bedeutet für Pircher, dass das Restaurant mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet wurde. Dass keine Convenience-Produkte und keine Tiefkühlprodukte verwendet werden, beim Frittieren Rapsöl statt gehärteter Fette zum Einsatz kommt und schließlich, dass die Schnitzel aus der teureren, aber qualitativ hochwertigeren Schale geschnitten werden. Trotzdem gibt es das XXL-Schnitzel (ca. 850 Gramm) mit Kartoffelsalat schon um 9,90 Euro, Spareribs „all you can eat" inkl. Beilagen werden um 12,90 Euro/Person angeboten. Ganze Spanferkel, Ritteressen oder die „Mistgabel des Schreckens" tun ein Übriges, um den Ruf zu zementieren. Gäste, die die Herausforderung suchen, bestellen eine „Almplatte". Wer die zu zweit schafft, erhält eine Flasche Wein als Anerkennung für die kulinarische Höchstleistung. Auf der Leopoldauer-Alm-Homepage ist bereits ein Profi verewigt, der besagte Platte alleine (!) in unter 60 Minuten besiegt hat …

Wer in die Leopoldauer Alm geht braucht Hunger, und das wüssten die Gäste auch. Und wenn sie auch noch den großen Durst mitbringen – vier Liter Bier zum Selberzapfen aus einer Kühlsäule erhält man in der Leopoldauer Alm um 23,50 Euro.
Wie man bei diesen Preisen und Portionsgrößen die Qualität halten kann? „Ich mach das über die Einkaufsmenge", erklärt Pircher. „Ich krieg beim Fleischhauer halt andere Konditionen als der Durchschnittsbetrieb." Die Qualität sieht Pircher jedenfalls als das Um und Auf: „Wer dabei spart, hat keine Chance. Viele XXL-Lokale sperren auf, viele aber auch bald wieder zu. Nur die Guten halten sich über längere Zeit. Uns gibt’s schon seit 15 Jahren."


XXL-Reisegruppen

Relativ jung im Vergleich dazu ist das „XXL-Restaurant" im Wiener Prater, das Johann Leopold seit etwas über einem Jahr betreibt. Die Idee dazu hatte er aus Deutschland, das Publikum bei ihm ist bunt gemischt, von der Familie mit dem kleinen Sohn, die ihm mal was Besonderes bieten will, über Geburtstagsfeiern und Polterabende bis zu Freundesgruppen und Vereinen, die extra für einen Besuch bei ihm – teilweise sogar aus dem Ausland – anreisen. Und wer dem Ruf des XXL-Lokals folgt, der weiß, was ihn erwartet. Entsprechend bestellen auch 90 Prozent von Leopolds Gästen die Riesen-Portionen. „Und das ist auch so gedacht. Unser Konzept zielt darauf ab, dass eine Portion für einen Gast gedacht ist. Wer mitessen möchte, bezahlt 1,90 Euro für einen ‚Schnorrerteller‘", erklärt Leopold, bei dem es die Speisen grundsätzlich in drei Größen gibt:
„M: normale Größe für den kleinen Hunger
L: große Portion für den großen Hunger
XXL: riesen Portion für den Riesenhunger – ein Versuch ist es wert!"

Das bedeutet bei Schnitzeln etwa 250 gr (7,90 €), 500 gr (13,90 €) und 1.000 gr (24,90€), jeweils mit Pommes frites und Salat. Und wer die echte Herausforderung sucht, geht die Schnitzelwette ein: Wer die 1-Meter-Schnitzelplatte (ca. 2,5 kg) alleine aufisst, der speist nicht nur gratis, sondern bekommt dazu eine Schnitzelparty für zehn Personen geschenkt. Wer verliert, muss die Platte bezahlen und zusätzlich 5 Euro für das Rote Kreuz spenden. Eine ähnliche Aktion gibt es mit dem XXL-Burger, bei dem alleine das Fleischlaibchen 2 kg wiegt. „Bis jetzt hat aber noch kein Gast gewonnen", lacht Leopold. Die Schnitzelwette soll aber nur der Anfang sein. Für nächstes Jahr sind auch echte Wettessen nach US-Vorbild geplant, das normale Angebot soll um Riesen-Spieße (eigentlich Schwerter) erweitert werden und heuer noch soll hier – für Leute, denen der „reguläre" 8-kg-Vierfach-Burger nicht genügt – der mit über 100 kg (!) weltweit größte Hamburger präsentiert werden.
„Es ist halt echte Erlebnisgastronomie. Der Spaß steht im Vordergrund. Jede Speise, die bei uns rausgeht, wird sicher 20-mal fotografiert – von den Bestellern, oder im Garten auch von Passanten. Essen kann das in Wirklichkeit kein Mensch." Weshalb Johann Leopold auch „eine eigene Alufolienfabrik aufmachen könnte". Trotzdem wird natürlich viel weggeworfen, und da macht sich Leopold schon Gedanken zum Thema „Ethik". „Das ist halt eine Grenzsituation."
Aber auch wer XXL-Durst hat, ist im XXL-Lokal gut aufgehoben: 5-Liter-Bierkrüge oder gekühlte 7,5-Liter-Säulen zum Selberzapfen von Bier, Whisky-Cola etc finden regen Zuspruch unter den Gästen.


Gewichtsangabe wichtig

Für Wilhelm Kogler von der „Bierfactory" in Wien wiederum sind die Gewichtsangaben das Essenzielle bei XXL-Lokalen, „und die habe ich als Erster in Wien eingeführt". Große Portionen könne jeder machen, aber „groß" sei nun mal relativ. Nur wenn die exakte Gewichtsangabe dabei steht (etwa „1kg Wienerschnitzel" oder „2kg Bierfactory-Burger" – jeweils mit Pommes frites) sei man ein echtes XXL-Restaurant, weshalb Kogler die Bierfactory auch als „1. XXL-Lokal Wiens" bezeichnet, das als Betrieb seit 2007 existiert und seit Anfang 2008 offiziell auf das XXL-Konzept setzt. „Meine Frau kommt aus Deutschland, und dort ist diese Idee schon relativ lang erfolgreich. Also wollte ich das in Wien auch ausprobieren. Außerdem lieg ich nicht so zentral, also muss ich den Leuten etwas bieten, damit sie trotzdem herkommen", so Kogler. Und der Erfolg dürfte ihm recht geben. Rund 80 Prozent seiner Gäste würden die XXL-Portionen um jeweils 24,99 Euro bestellen und natürlich gibt es auch hier Getränke in XXL-Format: Etwa 3-Liter-Bierkrüge oder eingekühlte Säulen für 2-Liter-Longdrinks (Bacardi-Cola, Wodka-Orange etc). Die Bierkrüge würden’s zwar nicht wirklich bringen, weil der Inhalt in der Regel warm ist, bevor er ausgetrunken wird, was man den Gästen auch kommuniziere. Trotzdem ließen sich nur die wenigsten von der Versuchung abhalten.

Kogler: „Die Leute kommen zu mir, weil’s eine Hetz ist, weil das lustig ist, mal solche Berge auf dem Teller zu haben und daneben einen Riesen-Bierkrug. Wobei es mir eigentlich weniger darum geht, die Gäste mit Essen abzufüllen, als darum, dass mehrere Personen günstig satt werden. Deswegen besteht das XXL-Schnitzel auch nicht aus einem Stück, sondern aus fünf normalen Schnitzeln, die sich mehrere Gäste gemeinsam bestellen können. Und jeder kriegt einen Teller dazu." Seine Hauptklientel sind jüngere Leute zwischen 17 und 35, wobei es auch relativ viele Geburtstags- und sonstige Feiern bei ihm gibt. „Günstiger kann man seine Freunde nicht einladen, als wenn man ein paar XXL-Portionen bestellt und dann kann jeder zugreifen."

Wie viel bei ihm an einem durchschnittlichen Samstagabend konsumiert wird? „Da komm’ ich auf etwa 120 kg Pommes frites, den Rest können Sie sich ausrechnen", grinst Kogler.


www.leopoldaueralm.at

www.xxl-restaurant.at
www.bierfactory.at
www.xxlfood.de
www.xxl-tempel.de



(Redaktion: Clemens Kriegelstein)