Neueröffnung

Ein Haus wie ein Reset-Knopf

Porträt: Inge Krebs-Hinterwirth ist Architektin und stolze Besitzerin des neu eröffneten „Goldenen Hirschen“ in Gmunden. Man könnte sich natürlich fragen, warum sie ausgerechnet Gastgeberin wurde. Die Frage ist berechtigt.
Inge Krebs-Hinterwirth

Ein Boutique-Hotel, das zwischen Minimalismus und Detailverliebtheit schwankt, mit internationalem Gastro-Konzept, und das in die Fußstapfen eines traditionsreichen, 400 Jahre alten Gasthauses in der Gmundner Innenstadt treten will. Kann denn so was funktionieren? 

Es sind nicht die einfachsten Rahmenbedingungen, um einen Hotelbetrieb neu zu eröffnen. Geschweige denn ein Hotel mit Gastronomie, das auch zum Treffpunkt der lokalen Bevölkerung werden soll. Sie hat es trotzdem getan. Aus Liebe zu einem historischen Gebäude in der Gmundner Innenstadt. Die renommierte Architektin Inge Krebs-Hinterwirth hätte auch einfach wie bisher weiterleben können. Sehr gut sogar. Aber sie hat sich anders entschieden.

Die ursprüngliche Funktion zurückgeben

Warum tun Sie sich ein Hotel an, Frau Krebs? „Das ist eine sehr gute Frage, die ich mir selbst täglich stelle“, sagt sie im Gespräch mit der ÖGZ. Es habe sich so ergeben. „Ich wohne im Haus nebenan, und eines Tages stand der ‚Gasthof zum Goldenen Hirschen‘ zum Verkauf. Mein Vater und ich haben überlegt, was wir aus der Immobilie machen könnten. Letztlich haben wir beschlossen, dem Gebäude wieder seine ursprüngliche Funktion zurückzugeben, für die sie ursprünglich gedacht war.“ Der Zeitpunkt sei sicher nicht der idealste, „aber Menschen werden sich immer treffen, gemeinsam essen und woanders nächtigen. Wir haben das Projekt im Wissen um all die Risiken trotzdem durchgezogen.“ 

Zum Goldenen Hirschen, Gmunden
Klare Linien: Die Rezeption im "Goldenen Hirschen" in Gmunden.

Der Umbau habe problemlos funktioniert, als Architektin ist man in der Baubranche schließlich gut vernetzt. 18 Monate dauerte es am Ende, die meisten Arbeiten wurden von lokalen Firmen umgesetzt. 

Der Goldene Hirsch war immer schon ein Gasthof mit vermietbaren Zimmern. Die letzten 30 Jahre allerdings nicht mehr, da wurde das Haus für Wohnzwecke genutzt. War die alte Bausubstanz eine Herausforderung? „Es ist eine meiner Leidenschaften als Architektin, alte Bausubstanz zu erhalten. Man muss nicht alles neu bauen, die schonendste Art und Weise zu bauen ist zu revitalisieren und wiederzubeleben.“ 

Kleinod

Für all jene, die auf der Suche nach Inspiration und neuen Ideen für ihr eigenes Unternehmen sind, ist das Hotel definitiv einen Besuch wert. Den ursprünglich im Jahr 1624 errichteten Bau kann man heute als „Schmuckkasterl“ bezeichnen. Das Haus verfügt über 21 individuell gestaltete Zimmer, die eine Kombination aus Vintage, Moderne und Antiquitäten bietet. Jede Suite ist ein „individuelles Hide-away“, egal ob Gäste den „Jungen Wilden“, den „Geweihträger“, den „Platzhirschen“ oder das „Goldene Loft“ buchen – auch bei der Namensgebung der Zimmer hat man es sich nicht leicht gemacht.

Zimmer im Goldenen Hirschen
Jedes Zimmer ist ein Unikat.

Die Wirtsstube wiederum beeindruckt mit heimischen, handgewebten Stoffen und Gmundner Keramik. Für Feierlichkeiten stehen „Keramikstüberl“, „Hirschensaal“ und „Weinkeller“ zur Verfügung. Doch der beste Ausblick bietet sich von der Dachterrasse. Hier können die Gäste entspannen, die Sauna genießen oder sich bei Yoga und Meditation erholen. Ein Hotel wie ein Reset-Knopf, nicht nur für die Besitzerin.

Die Personalsuche ist derzeit ja das Thema Nummer eins. Die Neo-Hotelière hatte aber Glück. Gemeinsam mit Michael Bauer, ihrem Geschäftspartner und Co-Geschäftsführer des Goldenen Hirschen, verlief die Personal-Akquirierung problemlos. „Die Mitarbeiter sind das wichtigste Gut. Wir sind ein Ganzjahresbetrieb und haben aber derzeit noch das Thema, dass wir an den Saison-Randzeiten noch nicht ganz an die Auslastung der Zimmer herankommen“, sagt die Chefin. Da hoffe man nun auf Seminar-Buchungen. Die Räumlichkeiten erlauben es, bis zu 25 Personen im Rahmen von Veranstaltungen zu begrüßen. „Das wird auch schon ganz gut angenommen“, sagt Krebs-Hinterwirth. Vor allem Firmen aus der Gegend schätzen die neue Location, da man sich quasi auf neutralem Boden in einer sehr angenehmen Umgebung treffen könne. Auch die lokale Bevölkerung nimmt den neuen „Goldenen Hirschen“ immer besser an. „Das Haus war immer schon ein zentraler Treffpunkt der Gmundner Gesellschaft, der Bürgerinnen und Bürger. Und das wollen wir auch wieder sein.“ 

Das Keramikstüberl im "Goldenen Hirschen".
Das Keramikstüberl im "Goldenen Hirschen".

Der Lebensmitteleinkauf wird überwiegend regional erledigt, „mein Bruder ist Bäcker hier im Ort“ – kein Wunder also, dass der Goldene Hirsch seine Backwaren vom Backhaus Hinterwirth bezieht, ebenso andere Produkte. Die Küchenlinie kann man als „gehobene Wirtshausküche auf Basis regionaler Lebensmittel, neu interpretiert, mit einem Schwerpunkt auf mediterraner Küche sowie asiatischen Einsprenkelungen bezeichnen. 

Küchenteam
Das Küchenteam setzt auf neu interpretierte Wirtshausküche. Das passt perfekt.

Küchenlinie

Und falls man sich fragen sollte, wie man in Gmunden ausgerechnet auf „mediterrane Küche“ kommt: Chefkoch Giovanni Montagnoulo, gebürtiger Florentiner, hat diese Küche in seiner DNA. Das fünfköpfige Küchenteam zaubert neben Klassikern wie Wiener Schnitzel vom Milchkalb oder einem rosa gebratenen Hirschkalbsrücken auch Umami-Bowl von Traunseefischen mit mariniertem Sushireis, rotes Thai-Curry mit Rumpsteak oder geschmortes Ossobuco auf Safranrisotto auf die Karte. So international ist der „Gasthof zum Goldenen Hirschen“ am Traunsee heute. 

Zum Goldenen Hirschen

  • Inhaberin: Inge Krebs-Hinterwirth
  • seit: 2019 (Renovierung), geöffnet seit 2022
  • Mitarbeiter gesamt: 20
  • Küchenschwerpunkt: gehobene Wirtshausküche auf Basis regionaler Lebensmittel, neu interpretiert
  • Sitzplätze Gastro: 60
  • Sitzplätze Gastgarten: 60
  • Zimmer: 21
  • Seminarraum für bis zu 25 Personen
  • Adresse: Linzer Straße 4, 4810 Gmunden

www.hirschengmunden.at