ÖGZ-Porträt

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07.07.2022

Seit 30 Jahren leitet der Steirer Josef Ebner das Chelsea Hotel Toronto. Davor galt dieser Posten als Schleudersitz.
Josef Ebner

"Ich arbeite seit 17 Jahren für ihn“, raunt seine PR-Chefin. „Ich, seitdem er hier ist. Seit 30 Jahren!“, trumpft seine Assistentin auf. Das sagt schon einiges über Josef Ebner, den steirischstämmigen Managing Director des ehrwürdigen Chelsea Hotels in Downtown Toronto. 

1.600 Zimmern ist es nach Ebners Worten das größte Kanadas. Mit wechselhafter Geschichte: 1975 von Delta Hotels eröffnet, ging es 1996 an die Great Eagle Holding in Hongkong und 2013 an deren Tochter, die Langham Hospitality Group. 

Josef Ebners Weg dort startet 1992, als es noch im Besitz der Del­­ta Hotels war. Davor hatten sich in nur zwei Jahren fünf Managing Directors die Klinke in die Hand gegeben. Ebner überlegte es sich gut, diese Drehtür (im doppelten Sinn) zu durchschreiten.

„Zimmermädchen haben für mich den schwersten Job“

Mit ihm kehrte Ruhe ein. Das liegt wohl an seiner besonnenen Art, aber auch an seinem auffallend wertschätzenden Umgang mit Mitarbeitern. Der ist von selbst Erlebtem geprägt: Kellnerlehre – „eine schwere Zeit“ – im Hotel Bauer in Bruck an der Mur. Das Hotel gibt es zwar nicht mehr, mit dem Sohn des Besitzers trifft er sich aber noch heute. Gute Kontakte pflegt er, das zieht sich als roter Faden durch sein Leben. Zürich, seine nächste Station, muss schlimm gewesen sein: „Die Schweizer wissen nicht, wie man Mitarbeiter richtig behandelt. Bis heute nicht.“ Er, das schwor er sich, würde seinen Leuten Respekt entgegenbringen, „ganz egal, auf welcher Stufe sie stehen“. 

Er hielt seinen Schwur, was wohl auch die lange Bleibedauer seiner Mitarbeiter erklärt. Zimmermädchen etwa haben für ihn „den schwersten Job. Machen Sie doch einmal 16 Zimmer in acht Stunden!“ Er probierte es selbst und scheiterte. „Meine Arbeit ist dagegen leicht.“ 

Ein wenig klingt Ebners Deutsch wie das von Arnold Schwarzenegger – oder Frank Stronach. Er ist ein Typ mit Hands-on-Mentalität. Morgens findet man ihn in der Cafeteria, „da erzählen die Mitarbeiter mir, was wirklich ist“. Früher hätten seine Manager die Informatio­nen gesiebt, das sei jetzt anders und das mache auch den Erfolg aus. 

Das Chelsea Hotel setzt einen Akzent in der Skyline Torontos.
Das Chelsea Hotel setzt einen Akzent in der Skyline Torontos. 

Strategien gegen die Personalknappheit

Auch lokale Institutionen wie das Chelsea Hotel spüren den Fachkräftemangel. 650 bis 800 Posten müssen je nach Saison besetzt werden. Wegen der Pandemie konnten 300.000 migrantische Tourismuskräfte nicht nach Kanada einreisen, die fehlen jetzt. Hunderttausende weitere, die davor in der Branche arbeiteten, lernten zwischenzeitlich die Vorzüge eines Nine-to-Five-Jobs kennen.

Trotzdem, meint Ebner, tue er sich leichter, weil er sich immer um den Nachwuchs gekümmert hatte. Am IMC in Krems hält er seit Jahren eine Vorlesung, mit deren Hilfe er Absolventen über den Großen Teich zu sich zieht. Gleich neben seinem Chelsea Hotel liegt die Ryerson University, dort wirbt er mit Jobs, die sich gut mit dem Studium vereinbaren lassen. Für Kanada unüblich, zahlt er selbst Praktikanten „ein normales Gehalt, ich will ja, dass sie zufrieden sind. Dann bleiben sie.“ 

Mit den Begabten hält er dauerhaften Kontakt, hilft ihnen, auch anderswo in der Langham-Gruppe unterzukommen. Längst hat er seine Fühler nach der ukrainischen Community ausgestreckt und ein Konzept in der Lade, sie behutsam einzugliedern. Dasselbe Konzept, das schon mit Einwanderern aus Syrien und Afghanistan so hervorragend geklappt hatte: Für die Zimmermädchen etwa anfangs nur acht Zimmer am Tag, das schaffen auch Ungelernte, und es braucht kein Englisch dafür. Das lernen sie mit Hotelunterstützung, während er langsam die Zimmerzahl steigert: „So verlieren sie nicht den Mut und bleiben bei uns.“ Die Chancen stehen gut, dass er auch diesmal wieder genügend Personal findet: „Die Hälfte aller kanadischen Migranten kommt nach Toronto. Da haben wir gute Karten.“

Sei beim Kunden – und beim Eigentümer

Am Höhepunkt der Pandemie vergab Ebner günstige Zimmer an Angehörige von Covid-Patienten in den Spitälern ringsum, die sich keine normalen Hotelpreise leisten konnten. Eben gewann er die Ausschreibung über 500 Zimmer für Studenten von nebenan. Gut für die Studenten, für sie sind umgerechnet knapp 60 Euro am Tag ein Schnäppchen, verglichen mit den galoppierenden Mieten. Gut auch für die Auslastung seines 75-Millionen-Euro-Betriebs. Die rasselte von mehr als 80 Prozent (übers Jahr gerechnet) in den Vorkrisenjahren auf acht Prozent am Tiefstpunkt herunter. Für heuer rechnet er wieder mit den Werten von 2019. 

Verkauf, sagt Ebner, sei Sache des Managing Directors. Weil der Kunde eben nicht nur die Sales-Leute zu Gesicht bekommen will. Weil nur er als oberster Chef sich ebenbürtig mit den Tourismusvereinigungen vernetzen kann – im eigenen Land und in dem der Zielgruppen. Dort ist er viel unterwegs.  
Noch ein Erfolgsrezept nennt er: ein gutes Verhältnis zu den Eigentümern aufzubauen. Natürlich, sagt er, ist es seine Aufgabe, einen angemessenen ROI für sie zu erwirtschaften. „Aber mit einem guten Verhältnis redet es sich besser. Weil wenn die Eigentümer happy sind, ist auch das Hotel happy.“