Raus aus Öl und Gas

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04.10.2022

Von: Andreas Lorenz-Meyer
Eine Möglichkeit, von fossilen Heizenergien wegzukommen, sind Wärmepumpen. Die schonen Klima und können Kosten senken.
Zu Öl und Gas gibt es kostengünstiger Alternativen.

Der Winter naht. Hotels, die jetzt noch die alten fossilen Heizungen haben, müssen mit sehr hohen Heizkosten rechnen. Denn Energie, vor allem Erdöl und Erdgas, sind durch den Ukraine-Krieg viel teurer geworden.

Zu denen, die sich nicht sorgen müssen, gehört das Wiener Hotel Der Wilhelmshof. Es kommt ganz ohne fossile Brennstoffe aus, seit 2021 eine Grundwasserwärmepumpe installiert wurde. Diese deckt nicht nur Warmwasserbereitung und Beheizung komplett ab, sondern auch die Kühlung im Sommer. „Unsere Anlage ist sogar groß genug für die nächsten Erweiterungen des Hotels“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Roman Mayrhofer. Schon viel länger, seit 2008, gibt es auf dem Hoteldach eine 156 Quadratmeter große solarthermische Anlage, die aber im Prinzip nicht mehr benötigt wird. „Sie unterstützt die Wärmepumpe im Sommer nur noch bei der Warmwasserbereitung.“ Auch in punkto Gebäudesubstanz ist das Hotel gut aufgestellt. Die Fassaden haben eine neue Dämmung mit Vollwärmeschutz bekommen, ausgenommen die Jahrhundertwende-Fassade des Hauptgebäudes. Zudem wurden neue Drei-Scheiben-Kunststofffenster eingesetzt. „Der Dämmstandard hat große Relevanz, da bei guter Dämmung viel weniger Heizenergie benötigt wird“, erklärt Mayrhofer. 

Kosten sparen

Gerade jetzt, in Zeiten galoppierender Energiepreise, erweisen sich Wärmepumpe und Dämmstandard zusammen als großer Kosteneinsparer. Der Energieverbrauch für Heizen, Warmwasser und Kühlung liegt 75 bis 80 Prozent niedriger als vorher. Auch die Treibhausgasemissionen sanken um 120 bis 130 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. „Das Einsparungsvolumen hat uns selbst überrascht“, so Mayrhofer. Nur die Betriebskosten für die Wärmepumpe steigen derzeit, da inzwischen auch die Preise auf dem Strommarkt in die Höhe schießen. Mayrhofer überlegt, die Solarthermie-Anlage durch eine noch deutlich größere Photovoltaik-Anlage zu ersetzen, um einen Teil des Stroms für den Wärmepumpenbetrieb selbst erzeugen können. So wäre man etwas weniger abhängig von den Entwicklungen auf dem Strommarkt. 

Achtung, Nebenwirkung!

Wärmepumpen werden die mit Strom betrieben - und daher manchmal mit Photovoltaik kombiniert. Wer sich eine Photovoltaikanlage anschafft, sollte sie aber nicht nur auf den Stromertrag hin prüfen, sondern auch auf „Nebenwirkungen“, wie Thomas Lewis betont. Photovoltaikanlagen führen bei Flachdächern zum Beispiel zu einer Verschattung. Ist das Gebäude feuchtetechnisch auf die sommerliche Besonnung angewiesen, kann es irgendwann Probleme mit Feuchtigkeit geben.

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Schwächen bei der  Förderung

Insgesamt blickt Mayrhofer dem Winter gelassen entgegen. Er ist froh, nicht mehr auf Erdgas angewiesen zu sein wir vor 2021. Höhere Förderungen bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizungen würde er begrüßen. Das brächte auch andere Hotels dazu, ihre alten fossilen Heizungen endlich rauszuschmeißen. Wobei Mayrhofer auf Schwächen bei den Förderungen hinweist. Sein Förderantrag für die Wärmepumpe war seinerzeit abgelehnt worden, da die Stadt Wien diesen nur gewährt, wenn am betreffenden Standort kein Fernwärmeanschluss möglich ist. Für Mayrhofer nicht nachvollziehbar: „Fernwärme wird zum Großteil aus Erdgas gewonnen - das ist nicht klimafreundlich.“

Das Hotel Henriette in Wien hat eine Luft-Luft-Wärmepumpe, welche 2014 anstelle der alten Ölheizung installiert wurde. Auch hier zeigt sich: Wärmepumpen sind doppelt einsetzbar, zum Heizen und Kühlen. Die Anlage deckt - selbst im tiefsten Winter - den kompletten Wärmebedarf des Hotels ab und sorgt im Sommer bei Hitze draußen für angenehme Temperaturen drinnen. „Wir können mit der Wärmepumpe sogar zeitgleich den einen Raum kühlen und den anderen heizen“, so Gastgeberin Verena Brandtner-Pastuszyn. „Je nachdem, welche Bedürfnisse die Gäste haben.“ Ein weiterer Vorteil liegt in der Wärmerückgewinnung: Im Sommer wird die aus den Räumen entnommene Wärme für die Warmwasseraufbereitung verwendet. „Eine große Kostenersparnis, da Kühlen und Warmwasseraufbereitung nicht doppelt Strom fressen.“ Wirtschaftlich gesehen stimmt die Rechnung also, jedoch haben sich auch im Hotel Henriette die Betriebskosten der Wärmepumpe erhöht - wegen der Strompreise im öffentlichen Netz. Für Brandtner-Pastuszyn ist nicht absehbar, wie sich diese in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Was die Wärmepumpe als zukunftssichere wirtschaftliche Technik aber nicht in Frage stellt. Vielmehr geht es darum, für die steigenden Strompreise eine Lösung zu finden. Eine eigene Photovoltaik-Anlage würde sich bei der verfügbaren Dachfläche nicht auszahlen. Stattdessen denkt Brandtner-Pastuszyn an eine Energiegemeinschaft. Hier bezöge man Solarstrom vom Dach eines anderen Gebäudes.  

Das ganze Jahr  energetisch abgedeckt

Was haben das Heizen im Winter und das durch die Erwärmung immer notwendigere Kühlen im Sommer miteinander zu tun? Sehr viel. Beides ist durch eine Technik abdeckbar, wie sich im Hotel Der Wilhelmshof zeigt. Bis 2021 wurde dort mit konventionellen elektrischen Klimaanlagen gekühlt, nun lässt sich das Hotel bei sommerlicher Hitze allein mit dem hochgepumpten kühlen Grundwasser klimatisieren. Free Cooling nennt sich der Ansatz. Free Cooling bedeutet, dass mit kostenloser Umgebungskälte gekühlt wird. Anstatt einer Anlagenleistung von früher 120 Kilowatt für die Kühlung läuft nun nur noch die Pumpe mit weniger als 2 Kilowatt. Auch die klimaschädlichen Kältemittel, die bei konventionellen Anlagen zum Einsatz kommen, fallen nun weg. 

Strom selber machen

Auch das Hotel Lürzerhof in Untertauern befindet sich in komfortabler Lage. Es heizt mit einer Wärmepumpe, welche Quellwasser als Umgebungswärme nutzt. Das Wasser befindet sich im höher gelegenen Christina-Stollen, von wo auch die Trinkwasserversorgung erfolgt. Es wird mit dem natürlichen Gefälle direkt zum Hotel geleitet. Und der Strom, mit dem die Wärmepumpe läuft? Der muss nicht aus dem öffentlichen Netz bezogen werden. Denn dort, wo das Quellwasser herkommt, steht seit 2018 auch ein kleines Wasserkraftwerk. „Es produziert zehn Mal mehr Elektrizität als unser ganzes Hotel benötigt“, so Gastgeber Harald Habersatter. Somit läuft die Wärmepumpe zu 100 Prozent mit grünem Strom von nebenan. Im Sommer schafft sie es, den Wärmebedarf des Hauses alleine abzudecken. Im Winter kommt unterstützend eine ältere Hackschnitzelheizung dazu. Das Holz, das verbrannt wird, stammt zum größten Teil aus dem eigenen Wald. „Damit sind wir sozusagen energieautark. Unsere Wärmeversorgung ist komplett abgesichert.“ Ein Umstand, den Habersatter noch höher gewichtet als den Kostenfaktor. Die Preiserhöhungen träfen das Hotel zwar auch, aber man habe zusätzlich sehr viel in Wärmedämmung investiert. Und die momentane Situation bezogen auf die gesamte Hotellerie? Beim Thema Photovoltaik tue sich etwas, jetzt müsse auch beim Heizen ein Ruck durch die Branche gehen, so Habersatter. Was jedoch zu bedenken sei: Die künftigen Betriebskosten beim Einbau nicht-fossiler Heizsysteme könnten schwer zu kalkulieren sein. „Nehmen wir mal an, ein Hotel entscheidet sich für eine Holzpelletsheizung. Dann weiß es doch gar nicht, wie teuer die Holzpellets in Zukunft sein werden. Wir hatten da jetzt schon eine Verdreifachung des Preises. Keiner kann voraussehen, wie es weitergeht.“

Interview: Wann eignen sich Wärmepumpen?